Die Achterbahnfahrt an den Märkten hat sich in den Tagen nach dem Brexit-Votum der Briten fortgesetzt. Massiv unter Druck standen vor allem süd-europäische Banken mit ihren enormen Kreditrisiken, die sich angesichts der Konjunkturprobleme bei einem EU-Austritt der Briten noch verschärfen könnten.

Geplante staatliche Rettungsmaßnahmen der italienischen Regierung etwa für die Krisenbank Monte dei Paschi könnten zwar vorübergehend die Märkte beruhigen, damit würden aber auch die seit Jahresbeginn geltenden neuen EU-Sanierungsvorschriften für marode Geldhäuser ausgehebelt. Ziel dieser Regeln war es vor allem, neben den Eigentümern auch die Gläubiger der Banken stärker zur Rettung heranzuziehen - noch vor den Steuerzahlern.

Ausverkauf am Abklingen



Aktienstrategen wie Carsten Klude von M.M. Warburg oder Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer rechnen derweil aufgrund der Nervosität der Anleger mit weiteren Schwankungen an den Märkten. Die globalen Auswirkungen der Brexit-Krise seien aber nicht vergleichbar mit der Pleite der Invest-mentbank Lehman Brothers 2008. Klude hält beim DAX bei einem Unterschreiten des bisherigen Jahrestiefs von 8700 Punkten und weiteren Negativmeldungen ein Abrutschen bis 8000 Punkte für möglich.

Krämer dagegen rechnet nicht mehr mit dem großen Ausverkauf und sieht den Brexit-Schock am Abklingen. Der Commerzbank-Experte verweist jedoch auf davon verdeckte Probleme: "Die Märkte können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Die Gewinne der Unternehmen haben zuletzt enttäuscht, die Gewinnschätzungen wurden nach unten korrigiert. Erst wenn sich die Gewinne Ende des Jahres stabilisieren, dürfte sich der DAX nachhaltig erholen."

Das Brexit-Votum der Briten hat vor allem vielen schwach kapitalisierten, noch immer unter Bilanzrisiken ächzenden europäischen Banken in den vergangenen Tagen zugesetzt. Ein Brexit würde die angegriffene Ertragslage vieler Häuser weiter schmälern. Allein das Volumen fauler Kredite bei den italienischen Banken soll landesweit bei 360 Milliarden Euro liegen. Im Fokus steht vor allem die italienische Traditionsbank Monte dei Paschi, die einen Riesenberg an faulen Krediten aufgehäuft hat und jetzt nach Staatshilfen ruft. Die italienische Regierung verhandelt derzeit unter Hochdruck mit der EU über eine Fondslösung, die möglicherweise schon nächste Woche steht.

Unicredit als Übernahmeziel



Von der Verkaufsstimmung bei Banktiteln wurden auch Commerzbank und Deutsche Bank erfasst. Letztere notierte am Mittwoch zeitweise bei nur noch 11,31 Euro - so niedrig wie seit Einführung des DAX 1988 nicht mehr. Nach Einschätzung von LBBW-Analyst Uwe Streich könnte die Bank bereits Anfang August aus dem Benchmark-Index Stoxx Europe 50 fliegen, der die wichtigsten europäischen Unternehmen repräsentiert. Zu den Abstiegskandidaten zählt auch Credit Suisse.

Die Nachrichtenagentur Bloomberg spielte am Freitag bereits potenzielle Mega-Merger durch. Die italienische Unicredit könnte demnach von Société Générale übernommen werden, Credit Suisse von Wells Fargo - und die Deutsche Bank vom britischen Geldhaus Barclays.