New Yorks nobler Kaufhaus­betreiber Bloomingdale’s war in diesem Jahr bei der tradi­tionellen Eröffnung seiner aufwendig dekorierten Weihnachtsschaufenster Ende November besonders spendabel. Um die Kunden auf die wichtigste Einkaufssaison, die Tage zwischen Thanksgiving am Donnerstag und dem Cyber-Monday, einzustimmen, gab R & B-Star John Legend ein Konzert bei Bloomingdale’s.

Auch andere Kaufhäuser wie Saks, Nordstrom oder Kohl’s legten sich zum Start der Shopping-Saison mächtig ins Zeug. Allerdings dürfte das Funkeln und Glitzern samt lieblicher Klänge in den Passagen den starken Trend zum Online-Einkauf kaum bremsen.

9,4 Milliarden Dollar am Tag


Rund 190 Millionen Schnäppchen­jäger waren in den USA zwischen Donnerstag und Montag online unterwegs, so viele wie nie zuvor. Groß eingekauft wurde vor allem am Cyber-Monday. Bestellt wurden Waren im Wert von 9,4 Milliarden Dollar, meldete Adobe Analytics. In der Spitze wurden pro Minute zwölf Millionen Dollar umgesetzt. Via Handy wurden erstmals Waren im Wert von mehr als drei Milliarden Dollar bestellt. Knapp 40 Prozent der Bestellungen liefen über das für viele wichtigste Accessoire im Alltag.

In der digitalen Einkaufswelt wird bisher vor allem Onlineriese Amazon von Jahr zu Jahr stärker. Firmengründer Jeff Bezos machte früh eine klare Ansage an die Konkurrenz: "Deine Marge ist meine Chance." Im Onlinehandel nähert sich Amazons Anteil in den USA der 50-Prozent-Marke. Im gesamten Einzelhandel sind es mehr als sechs Prozent. Die aggressive Strategie ist auch außerhalb des Handels erfolgreich, etwa im Streaminggeschäft.

Einigen Handelsriesen gelingt es inzwischen, den rastlosen Bezos auf Distanz zu halten. Da wären etwa Supermarktriese Walmart oder Amerikas zweitgrößter Discounthändler Target. Auch Lululemon Athletics, der stark auf Frauen fokussierte Sportartikelhändler, und Amerikas Elektronikriese Best Buy zählen dazu.

Diese Unternehmen gehören während der Feiertagssaison zu den Gewinnern im klassischen Shopping, sagen Analysten. Sie dürften am meisten von der Kauflust der 160 Millionen Amerikaner profitiert haben, die am Wochenende nach Thanksgiving in die Einkaufs­passagen strömten. Im Vergleich zum Vorjahr wurden satte 50 Prozent mehr Geld ausgegeben. Pro Kunde flossen gut 500 Dollar in die Kassen der stationären Händler. Bei Best Buy sind Flachbild-TVs, Tablets und Kopfhörer besonders begehrt. Einige Filialen erhielten zusätzliche Lagerkapazitäten und Logistik zur Auslieferung von Onlinebestellungen. Bestseller in den Regalen reichen gegen Amazon allerdings längst nicht mehr aus.

Medizinischer Dienst für Senioren


Für Best Buy zahlt sich hier der Kauf von Great Call 2018 aus. Die Firma bietet Technologie wie mobile Geräte, die auch für ältere Menschen leicht zu bedienen sind, und den zugehörigen Service. Best Buy verschafft so über einer Million Senioren etwa die Möglichkeit, bei Bedarf von zu Hause aus medizi­nische Dienste zu bestellen oder Concierge-Services in Anspruch zu nehmen. In sechs Jahren soll die Anzahl der Abonnenten auf fünf Millionen steigen.

Das Potenzial ist beeindruckend. Schätzungen zufolge sind heute 50 Millionen Amerikaner älter als 65 Jahre. In 20 Jahren werden es 50 Prozent mehr sein. Der Dienst verschafft dem Händler Zugang zu einer aussichtsreichen ­Nische und mindert den Druck auf ­Margen und Umsatzwachstum.

Mit dem Fokus auf mehr Dienstleistung wuchs auch Best Buys Techniker- Mannschaft im vergangenen Quartal um 100 auf 720 Spezialisten. Sie helfen bei der Einrichtung und Bedienung von Haushaltselektronik wie TV-Geräten, Herden oder Waschmaschinen. Kunden, die in den Ballungsräumen New York, Los Angeles und Chicago bis acht Uhr abends online bestellen, werden am nächsten Tag kostenlos beliefert.

Walmart holt online auf


Wo es sich für Einzelhändler rechnet, gibt es die Zustellung am nächsten Tag längst nicht mehr nur exklusiv bei Amazon. So will der weltweit größte Supermarktkonzern Walmart bis Jahresende mit dem Übernacht-Service 75 Prozent der US-Bevölkerung erreichen. Artikel aus dem Sortiment der 220.000 am ­häufigsten bestellten Waren, darunter Unterhaltungselektronik, Spielwaren, Waschmittel und Windeln, werden am nächsten Tag geliefert. Für 98 Dollar pro Jahr liefert Walmart alles kostenlos. Amazon Prime lässt grüßen.

"Wir sparen mit dieser Strategie sogar", sagt Marc Lore, der die Onlinestrategie des Konzerns verantwortet. Dafür wurden logistisch günstig gelegene Fi­lialen mit Lagern zur Auslieferung von Onlinebestellungen erweitert. Lore kennt E-Commerce aus dem Effeff. Vor seiner Zeit bei Walmart hatte er mehrere Onlinefirmen und eine davon auch an seinen heutigen Arbeitgeber verkauft. Unter seiner Regie baut der Familienkonzern seine Onlinepräsenz auch mit Übernahmen von Technologiefirmen aus. Am Onlinegeschäft im US-Einzelhandel hält Walmart inzwischen einen Anteil von 4,6 Prozent und ist damit Nummer 3 hinter Ebay und Amazon.

Der große Star des Einzelhandels im laufenden Jahr aber ist Lululemon Athletica. Der Börsenwert des auf Sportbekleidung fokussierten Händlers hat seit Jahresbeginn um mehr als 80 Prozent zugelegt. Vor 21 Jahren gingen die Kanadier in Vancouver mit preislich gehobener Yoga-Bekleidung an den Start. Seither wurde das auf weibliche Kundschaft ausgerichtete Sortiment Schritt für Schritt erweitert.

Damit sicherte sich Lululemon eine angesagte Nische: sportlich lässige Mode, kurz Athleisure. Mit weltweit sieben Millionen Kunden, die online und in den 460 Filialen einkaufen, sind die Kanadier stark positioniert. Bei Kosmetik kooperieren die Aufsteiger aus Kanada mit Sephora, einer Tochter des ­Luxusriesen LVMH. Sephora nutzt die Allianz: Cliniqe und Tarte Cosmetics, Konkurrentinnen der LVMH-Tochter, sind mit eigenen Auftritten im Athlei­sure-Segment gescheitert.

Inzwischen zielt Lululemon auch auf männliche Klientel. Der Umsatzanteil liegt noch bei gut 20 Prozent, er soll stark ausgebaut werden. Auch Innova­tionen lieben die Kanadier. So beteiligten sie sich an dem Start-up Mirror, das interaktive Spiegel für das Heimtraining entwickelt. Zusammen wollen die Firmen neue Inhalte für die Spiegel entwickeln, etwa Meditationskurse. Im Wettbewerb mit Amazon muss man erfinderisch sein.

Investor-Info

Walmart
Imperium schlägt zurück


Mit dem deutlichen Ausbau des Online­geschäfts werden Ende des Jahres 1.600 US-­Filialen des Supermarktriesen kostenlose die Auslieferung bereits am Tag nach der Bestellung anbieten. Selbstabholer können 3.100 weitere Stationen nutzen. Mit zwei­stelligen Wachstumsraten im Onlinegeschäft jage Walmart inzwischen auch Amazon Marktanteile ab, sagen Experten. Das bringt Kursfantasie - auch wenn die Aktie nicht mehr günstig ist.

Best Buy
Besser sortiert


Produkte, die nicht mehr laufen, hat der Handelsriese für Haushaltselektronik in seinen rund 1.400 US-Shops weitgehend aussortiert. Das riesige Filialnetz wird als logistischer Vorteil zur schnellen Auslieferung von Onlinebestellungen genutzt. Bei jährlichen Umsatzsteigerungen zwischen zwei und drei Prozent bis 2023 erwarten Analysten Gewinnsteigerungen von mindestens fünf Prozent pro Jahr. Günstig bewerte Aktie mit attraktiver Dividendenrendite.

Lululemon AthleticA
Yoga und Kosmetik


Die Quartalsbilanz des auf sportlich lässige Kleidung fokussierten Händlers belegt die starke Position: Auf gleicher Fläche legte der Umsatz im dritten Quartal um 17 Prozent zu, das übertraf die von Analysten geschätzten 14,2 Prozent Zuwachs. Online lag das Wachstum bei 30 Prozent. Die in Aussicht gestellte Gewinnspanne von 2,10 bis 2,13 Dollar pro Aktie für das vierte Quartal liegt leicht unter der Schätzung von 2,13 Dollar. Die Aktie ist teuer, der Kurs rutschte zuletzt ab. Halten.