Die Verteidiger von Oliver S., einst Chef des für die Koordination mit den US-Behörden zuständigen Umwelt- und Ingenieurbüros von VW in den USA, hatten auf nicht mehr als 40 Monate Gefängnis und 100.000 Dollar Strafe plädiert. Der 48-Jährige war im Januar nach einem Urlaub in Florida auf dem Flughafen von Miami festgenommen worden. Anfangs hatte wegen der ihm zur Last gelegten elf Straftaten eine Gesamtstrafe von 169 Jahren im Raum gestanden. Nachdem er sich schuldig bekannte, verringerte die Staatsanwaltschaft ihre Forderung auf sieben Jahre. Die Strafverfolger werfen ihm vor, an einer Verschwörung zum Betrug beteiligt gewesen zu sein und gegen das US-Luftreinhaltegesetz verstoßen zu haben.

Während die Ankläger Oliver S. eine führende Rolle bei dem Abgasbetrug zuschreiben, stuft seine Verteidigung die Verantwortung niedriger ein. Der Angeklagte sei wesentlich weniger schuldig als die zahlreichen hochrangigen VW-Führungskräfte, die die Abschalteinrichtung über mehrere Jahre initiiert, entwickelt, implementiert und verfeinert hätten - bevor sein Mandant beteiligt worden sei, argumentierte Anwalt David DuMouchel. Der Angeklagte selbst hatte kürzlich in einem Brief an Richter Sean Cox erklärt, er fühle sich von Volkswagen "missbraucht". Als Chef der VW-Umweltabteilung in den USA sei er von seinen Vorgesetzten nicht über die Existenz der später aufgedeckten Betrugssoftware in Dieselmotoren informiert worden.

Der Dieselskandal war vor gut zwei Jahren in den USA aufgeflogen. VW gab daraufhin zu, Abgaswerte mit einer illegalen Abschalteinrichtung manipuliert zu haben. Diese erkennt, ob ein Auto auf dem Prüfstand getestet wird und reguliert auch nur dann den Schadstoffausstoß. Im normalen Verkehr auf der Straße ist das System dagegen abgeschaltet. Volkswagen bekannte sich in den USA schuldig und akzeptierte eine milliardenschwere Wiedergutmachung an Kunden und Behörden sowie eine Strafzahlung. Einschließlich weiterer Rückstellungen kostet der Skandal die Wolfsburger in den USA bisher umgerechnet mehr als 25 Milliarden Euro. Auch in Europa klagen geschädigte Autofahrer vor zahlreichen Gerichten. Der Konzern ist zudem mit Schadenersatzklagen von Anlegern in Milliardenhöhe konfrontiert.