Siemens Energy verdoppelt den Verlust und braucht eine Kapitalerhöhung. Die Aktie gibt daraufhin nach. Was Anleger jetzt wissen müssen.

Es war eine weitere Hiobsbotschaft des Energietechnikers im DAX: Siemens Energy hat im ersten Quartal des Geschäftsjahres den Verlust auf knapp 600 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Grund dafür war erneut ein turmhohes Minus bei der inzwischen chronisch defizitären Windkrafttochter Siemens Gamesa. Die Spanier hatten für die drei Monate bis Ende Dezember 823 Millionen Euro Verlust gemeldet, auch wegen unerwarteter Garantie- und Wartungskosten in Höhe von über 400 Millionen Euro. Es war ein weiteres Mal, dass technische Probleme bei den Onshore-Windkraftanlagen das Ergebnis von Siemens Energy verhagelten.

Dieses hohe Minus konnten die restlichen Geschäfte der Münchner nicht ausgleichen. Auf der virtuell abgehaltenen Hauptversammlung übten Aktionärsvertreter scharfe Kritik. „Siemens Energy ist seit dem Börsengang im September 2020 eine Großbaustelle und kommt nicht aus den roten Zahlen heraus. Die Aktienkursentwicklung gleicht einer Achterbahnfahrt, die Dividende wurde komplett gestrichen“, monierte etwa Vera Diehl, Fondsmanagerin bei Union Investment.

Netztechnik mit starkem Orderplus

Bei der Netztechnik, dem Geschäft mit Gasturbinen und konventionellen Kraftwerken sowie dem neuen Wasserstoffgeschäft „Transformation of Industry“ läuft es hingegen rund. Insbesondere die Netztechniksparte verzeichnete eine Beschleunigung im Auftragseingang. Ein Großauftrag für Netzanbindungstechnik für Offshore-Windparks in der Nordsee stach dabei heraus. Insgesamt verdreifachte sich das Ordervolumen bei „Grid Technology“ auf 6,3 Milliarden Euro. Auch die Aufträge in der konventionellen Sparte „Gas Services“ legten um gut ein Fünftel zu, der Konzern profitiert hier auch von einer starken Nachfrage im Wartungs- und Service-Geschäft.

Insgesamt meldeten die Münchner ein Plus beim Auftragseingang von fast 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Das Wachstum unsere Auftragseingangs zeigt, dass wir das richtige Portfolio haben, um von der Energiewende zu profitieren“, sagt Vorstandschef Christian Bruch.

Kapitalerhöhung belastet

Aus Sicht der Aktionäre dauern die Probleme bei Gamesa schon eine Ewigkeit an. Für das laufende Geschäftsjahr bis Ende September reduzierte Siemens Energy erneut die Prognose. Der Verlust soll auf dem Niveau des Vorjahrs bei etwa 650 Millionen Euro liegen, zuvor hatten die Münchner eine Verringerung des Minus angepeilt.

Siemens Energy nimmt für die Sanierung und das Delisting von Gamesa eine weitere Kapitalerhöhung in Kauf: Bis zu 1,5 Milliarden Euro sollen hierdurch in die Konzernkassen fließen.

Die Aktie von Siemens Energy reagierte auf die Nachricht mit Kurseinbußen. Jetzt allerdings wollen Investoren Ergebnisse sehen: „In diesem Jahr erwarten wir die Fortsetzung der operativen Verbesserungen im Windturbinengeschäft“, mahnte Fondsmanagerin Diehl an.

Chancen bei Wasserstoff

Chef Bruch betonte, dass die Sanierung der Windkraft auf dem Weg sei. „Wir sehen viel bessere Bedingungen bei Neuverträgen als in der Vergangenheit“, so der Manager. Man registriere höhere durchschnittliche Verkaufspreise, aber auch eine bessere Abfederung von Risiken und Inflation. Bereits im zweiten Halbjahr 2022 waren die Preise in der Windkraftbranche spürbar gestiegen.

Hinzu kämen Chancen bei Wasserstoff-Technologien auch in den USA. Das Infrastrukturprogramm IRA könne durch clevere Förderung bisher unrentable Wasserstoffprojekte wirtschaftlich machen. Siemens Energy entwickelt Elektrolyseure für die Wasserstoff-Herstellung, die Produktion der Anlagen ist in Berlin angesiedelt.

Übrigens: 1216 Prozent seit dem Börsengang mit dieser DAX-Aktie