"Britische Werke sind Teil unseres Kaufvertrages und deshalb müssen sie liefern", sagte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. Zwei der vier Werke, aus denen sich AstraZeneca zur Bereitstellung von Impfstoffen für die EU verpflichtet hat, befänden sich in Großbritannien. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Berlin betonte, man bestehe auf die Lieferung der zugesagten Menge an Impfdosen.

Die EU forderte AstraZeneca nach Aussage eines EU-Vertretes dazu auf, den Liefervertrag mit der Staatengemeinschaft offenzulegen. Die EU hatte sich im vergangenen August bis zu 400 Millionen Dosen des Vakzins, dessen Zulassung in der EU am Freitag erwartet wird, gesichert. AstraZeneca hatte allerdings Ende vergangener Woche einräumen müssen, wegen Produktionsengpässen in einem Werk in Belgien die zugesagte Liefermenge bis Ende März nicht einhalten zu können. EU-Angaben zufolge wird die Zahl der Impfdosen dadurch im ersten Quartal mit 31 Millionen Stück rund 60 Prozent niedriger ausfallen als geplant.

VERWIRRUNG ÜBER WEITERES TREFFEN MIT EU


AstraZeneca hatte sich bereits in zwei Treffen am Montag vor der EU erklären müssen, warum es bei den vereinbarten Impfstofflieferungen zu Verzögerungen kommt. Diese brachten aber keine ausreichende Klarheit, die EU-Kommission verlangt inzwischen Einblick in die Daten des Konzerns. Verwirrung herrschte am Mittwoch hinsichtlich eines weiteren Treffens von AstraZeneca mit der EU. Ein Konzern-Sprecher versicherte jedoch, man werde sich im Tagesverlauf treffen.

Die Lieferprobleme sorgen für Unmut in Brüssel. Die Kommission steht in der Kritik, weil die Impfkampagnen in der EU etwa im Vergleich zu Großbritannien eher schleppend verlaufen. Dazu beigetragen haben auch Lieferschwierigkeiten bei dem Covid-19-Impfstoff von Biontech und Pfizer. Großbritannien hatte dieses Vakzin im Dezember als weltweit erstes Land noch vor der EU zugelassen. Der britische Premierminister Boris Johnson sagte am Mittwoch, es wäre "sehr schade" gewesen, wenn das Vereinigte Königreich im Impfprogramm der EU geblieben wäre, statt einen eigenen Plan aufzustellen. "Ich denke, wir konnten die Dinge anders und in gewisser Weise besser machen."

IMFPSTOFF FÜR EU KOMMT AUS VIER WERKEN


AstraZeneca-Chef Pascal Soriot sagte, die für die EU bestimmten Impfstoffe würden in vier Werken in Belgien, den Niederlanden, Deutschland und Italien hergestellt. Vertreter der EU-Kommission betonten, AstraZeneca habe keine ausreichende Erklärung geliefert, warum Impfdosen nicht aus Lagerbeständen aus Werken versandt werden könnten, in denen keine Produktionsprobleme auftraten, wie etwa in Großbritannien. Es steht zudem der Vorwurf im Raum, dass die EU-Staaten mit weniger Impfstoff vorliebnehmen müssen, während die Lieferungen für Großbritannien - wo das Mittel bereits verabreicht wird - nicht eingeschränkt seien.

Konzernchef-Chef Soriot wies das zurück und betonte, dass der Vertrag mit Großbritannien drei Monate vor der Vereinbarung mit Brüssel geschlossen worden sei. Auch dort habe es Startprobleme gegeben, aber: "Wir hatten dort drei Monate mehr Zeit, um Pannen zu beheben", sagte Soriot der "Welt". Er betonte zudem, AstraZeneca habe der EU keine festen Lieferzusagen gemacht - was Kyriakides als falsch zurück wies. Soriot zufolge hat der Arzneimittelhersteller mit der EU eine "Best Effort"-Vereinbarung, "dass wir uns im besten Sinne bemühen", abgeschlossen. "Der Grund war, dass Brüssel mehr oder minder zum selben Zeitpunkt beliefert werden wollte wie die Briten - obwohl die drei Monate früher unterzeichnet hatten. Darum haben wir zugesagt, es zu versuchen, uns aber nicht vertraglich verpflichtet."

Der EU-Vertreter sagte, die von Soriot offenbarten Angaben zur Produktionskapazität und zur Best-Effort-Klausel seien vertraulich. Er fügte hinzu, dass die "Best Effort"-Klausel Standard bei Verträgen mit Herstellern sei, deren Produkte sich noch in der Entwicklung befänden. Das Gesundheitsministerium in Berlin wollte sich nicht darauf festlegen, ob man im Notfall auch juristisch gegen den Konzern vorgehen sollte.

AstraZeneca kündigte an, mit Partnern an der Verbesserung seiner Covid-19-Impfstoff-Produktion zu arbeiten. Unterdessen wurde in Wales ein Werk des Unternehmens, in dem der Covid-19-Impfstoff hergestellt wird, teilweise evakuiert, nachdem dort ein verdächtiges Paket ankam. Nach Angaben der Polizei ist ein Sprengstoff-Räumkommando im Einsatz.

rtr