Nach einem bislang eher verhaltenen Start könnte die diesjährige Saison der Börsengänge (Initial Public Offering, IPO) in Deutschland zum Ende der ersten Jahreshälfte an Fahrt gewinnen. Bis zur Sommerpause sind vier bis fünf Kandidaten am Start, im weiteren Jahresverlauf haben noch einmal so viele mehr oder weniger konkrete Pläne.

Mit dem Siliziumscheiben- Hersteller Siltronic, der Berliner Immobilienfirma Ado Properties, dem Modehändler CBR ("Street One", "Cecil") und der Wohnungsgesellschaft BGP stehen vier Aspiranten unmittelbar vor dem Gang aufs Parkett. Siltronic, die Halbleiter-Tochter des Chemiekonzerns Wacker, strebt ihr Debüt bereits am 11. Juni an.

Auch die Privatisierung der Deutschen Pfandbriefbank (pbb) könnte sich bis zum Sommer konkretisieren: Parallel zu einem Börsengang verfolgen der Staat als Eigentümer und das Management hier auch den Verkauf an einen Investor. Als Inter-essenten galten zuletzt der chinesische Versicherer Anbang -sowie Finanzinvestoren.

Die pbb war aus dem gesunden Teil des Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate (HRE) hervorgegangen. "Die Bank macht Druck, ein Ergebnis noch vor der Sommerpause zu erzielen", hieß es dazu in Finanzkreisen. Die EU hat die staatliche Rettung der HRE an die Bedingung geknüpft, dass die pbb bis Ende des Jahres privatisiert ist.

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Überraschender Rückzieher

Mit einem Unternehmenswert von 1,2 bis 1,8 Milliarden Euro wäre die pbb im Fall eines IPO einer der größeren Brocken. Die Doppelstrategie erinnert an den Parfümeriekonzern Douglas, der erst am Freitag vergangener Woche seinen Börsengang angekündigt hatte. Am Montag darauf machten die -Eigentümer jedoch überraschend einen Rückzieher und der Finanzinvestor CVC bekam den Zuschlag. Der Bund als Pbb-Nocheigentümer verfolgt offenbar eine ähnliche Strategie. Der Börsengang dient dabei als Druckmittel in den Preisverhandlungen mit dem Investor.

Windeln.de geht in die Hose

Allerdings ist auch ein Börsengang derzeit nicht ohne Risiken. Das musste zuletzt beispielsweise der Online-Babyausstatter Windeln.de erfahren, der sich vor allem vom chinesischen Markt großes Wachstums-potenzial verspricht. Das Unternehmen nahm bei seinem enttäuschenden Börsendebüt Anfang Mai deutlich weniger ein als geplant.

Erfolgreich verlaufen ist dagegen wenig später der IPO der Sixt-Tochter Sixt Leasing. Bereits zu Jahresbeginn waren zudem der drittgrößte deutsche Kabelnetzbetreiber Tele Columbus sowie der finnische Kleinkreditanbieter Ferratum in -einem noch freundlicheren Börsenumfeld gestartet. Die EZB hatte gerade ihr Mega-Anleihenkaufprogramm angekündigt und die Märkte beflügelt.

Experten sehen das Umfeld für Börsengänge zwar immer noch als vergleichsweise gut an. Niedriger Ölpreis, Euroschwäche und niedrige Zinsen haben Konjunktur, Unternehmensgewinne und Aktienkurse beflügelt. Zudem suchen vor allem -institutionelle Investoren weiter nach Anlagemöglichkeiten.

Nach Einschätzung der Citi-group hat sich allerdings das Klima wieder etwas abgekühlt, die Lage sei volatiler geworden. "Börsengänge laufen durchaus noch, aber es lässt sich eben nicht mehr alles am Markt unterbringen." Als bestes Beispiel dafür sieht Citigroup den Börsengang von Windeln.de, bei dem eine stabile und langfristige Investorenbasis gefehlt habe. Dagegen hätten Unternehmen mit aussichtsreicher Position in Wachstumsmärkten, -guten Margen und Dividendenfähigkeit nach wie vor Chancen bei Investoren.

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Ado: Tel Aviv blickt auf Berlin

So bleibt es spannend, wie sich die Neuzugänge mit ihren unterschiedlichen Geschäftsmodellen schlagen. Siltronic jedenfalls setzt auf seine Marktposition als weltweit drittgrößter Hersteller von Siliziumscheiben für die Chipproduktion. Ein erster Börsenanlauf war im März 2004 gescheitert, nachdem am 11. März des Jahres bei mehreren Terroranschlägen in der spanischen Hauptstadt Madrid 191 Menschen gestorben waren, was auch zu Verwerfungen an den Finanzmärkten geführt hatte. Neben Siltronic hat in den vergangenen Tagen auch die Berliner Wohnungsgesellschaft Ado Properties ihre IPO-Pläne für Ende Juni, Anfang Juli konkretisiert. Die in Tel Aviv börsennotierte Ado Group plant, mit dem Börsengang ihrer Berliner Tochter in Frankfurt rund 400 Millionen Euro zu erlösen. Die Gesellschaft will damit ihre Verschuldung reduzieren, vor allem aber neue Wohnungsbestände in Berlin erwerben. Das dortige Portfolio soll auf 30 000 Einheiten verdoppelt werden. Das Unternehmen zielt auf den Erwerb "unterentwickelter" Wohnbestände, die modernisiert werden, um deutlich höhere Mieten zu realisieren.

Ebenfalls noch bis zum Sommer könnte die Modehandelskette CBR ihr Börsendebüt -geben. Der Eigentümer, der schwedische Finanzinvestor EQT, soll die Banken bereits -beauftragt haben. CBR war 1980 vom Hamburger Unternehmer Detlev Meyer (Hawesko) gegründet worden. EQT hatte CBR vor acht Jahren für 1,5 Milliarden Euro gekauft.

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