Die Tachonadel springt über die Marke von 200 Stundenkilometern. Plötzlich rüttelt und poltert es, das Fahrzeug zieht einseitig weg. Es ist der Albtraum eines jeden Autofahrers: ein Reifenplatzer auf der Autobahn. Lenkrad festhalten, geradeaus fahren, gefühlvoll bremsen und den rechten Straßenrand anpeilen - das raten Experten in dieser prekären Situation.

Aber auch wer einen kühlen Kopf bewahrt, wird schnell in einen Unfall verwickelt. Deshalb müssen ab November alle Neuwagen in der EU mit einem Reifendruckkontrollsystem ausgestattet werden. Der Luftdruck in den Pneus kann indirekt über die Rotation der Räder oder direkt über im Rad verbaute Sensoren überwacht werden.

Viele Chips und Sensoren hierfür kommen von Elmos. Die Dortmunder sind auf Halbleiter für die Automobilindustrie spezialisiert. Die Steuerung von Pumpen und Turboladern, LEDScheinwerfer, Sicherheitssysteme wie Notbrems- und Spurwechselassistent, die Einparkhilfe oder das Reifenüberwachungssystem - all das funktioniert mit Halbleitern der Westfalen.

Premiumanbieter wie Audi, BMW oder Mercedes setzen auf das Know-how des Unternehmens, ebenso große Zulieferer wie Bosch. Auch in China, dem größten Automarkt der Welt, ist Elmos gut im Geschäft, chinesische Hersteller wie Great Wall und Chery sind Kunden. Rund 85 Prozent der Erlöse erzielt das Unternehmen mit der Autobranche - was Risiken birgt. Kommt es wie 2009 zu einem Einbruch der Autokonjunktur, drohen Umsatz- und Ergebniseinbußen.

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Neue Märkte im Blick

Um besser gegen solche Rückschläge gewappnet zu sein, will Vorstandschef Anton Mindl das Know-how auch in andere Bereiche wie die Konsumgüterindustrie oder die Medizintechnik übertragen. "Langfristig wollen wir 20 bis 30 Prozent der Erlöse im Nichtautogeschäft erzielen", so Mindl im Gespräch mit €uro am Sonntag, der Schwesterpublikation von BÖRSE ONLINE. Davon ist Elmos noch weit entfernt. Die hoch entwickelten Sensoren der Dortmunder sind für viele Anwendungen, speziell im Konsumgüterbereich, schlicht zu teuer. Der Versuch, in der Smartphone-Industrie Fuß zu fassen, scheiterte bislang.

Mit angezogener Handbremse ist Mindl trotzdem nicht unterwegs. Schließlich läuft es im Autosegment derzeit bestens. Die Branche boomt dank der starken Nachfrage der Amerikaner und Chinesen. Auch in Europa geht es nach schwachen Jahren wieder bergauf. Rund 73,5 Millionen Autos sollen in diesem Jahr laut CAR Center Automotive Research verkauft werden. 2015 dürften es fast 76 Millionen sein.

Das Wachstum zeigt sich auch in der Bilanz von Elmos: Im ersten Halbjahr steigerten die Dortmunder den Umsatz prozentual zweistellig, der Gewinn verfünffachte sich beinahe. Die Umsatzund Gewinnprognose fürs Gesamtjahr hob Mindl an.

Die verpflichtende Einführung des Reifendruckkontrollsystems zeigt einen Trend auf: Autos werden immer sicherer, komfortabler und sparsamer. Zu erreichen ist das nur durch den Einsatz von mehr Chips und Sensoren. "Wir haben das Beste noch vor uns. Der Trend zum Individualverkehr wird die nächsten 20, 30 Jahre anhalten", sagt Mindl.

Gute Perspektiven verschafft dem Unternehmen die Entwicklung bei intelligenten Assistenzsystemen. Daimler etwa will bis Ende des Jahrzehnts den Autopiloten für den Straßenverkehr anbieten. Auch andere große Autohersteller, Zulieferer und selbst branchenfremde Konzerne wie Google arbeiten am autonomen Fahren. "Solche Systeme benötigen natürlich zahlreiche Sensoren zur Analyse des Straßenverkehrs", sagt der Elmos-Chef.

Was nach Zukunftsmusik klingt, ist bereits Realität. Audi, BMW oder Mercedes jagen ihre fahrerlosen Fahrzeuge längst mit Radar-, Ultraschall-, Laserund Videosensoren über die Straßen. Der Traum vom Fahren ohne Stress oder Reifenpannen rückt näher. In Westfalen wird daran gearbeitet.

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