Australiens Umweltschützer sind erleichtert. Der norwegische Ölkonzern Equinor gab nach langen Jahren juristischen Auseinandersetzungen seine Offshore-Förderpläne vor der Südküste Australiens auf. Als Grund gab Equinor an, das Projekt sei kommerziell nicht wettbewerbsfähig. Angesichts der stark gefallenen Notierungen für Erdöl und Erdgas eine nachvollziehbare Erklärung. Zumal Equinor seit Oktober im neu erschlossenen hochmodernen Ölfeld Johan Sverdrunp vor der Küste Norwegens Erdöl mit Kosten von unter 20 Dollar das Barrel fördert. Das dürften in der gesamten Branche mit zu den günstigsten Förderkosten zählen.

Equinor ist der größte Öl- und Gasproduzent in Norwegen und einer der führenden Gaslieferanten für den europäischen Markt. 67 Prozent der Aktien befinden sich in Staatsbesitz. Die Entscheidung gegen Australien passt auch zum langfristig erklärten Ziel: Klimaneutralität.

Der Produzent fossiler Energie will seine Treibhausgasemissionen aus der Förderung und Produktion von Öl und Gas global bis 2030 gegen null senken. Dazu beitragen sollen neben effizienteren Fördertechniken insbesondere die Elektrifizierung und Digitalisierung der Öl- und Gasförderung. Gleichzeitig wird das jetzt schon beachtliche Portfolio an Windprojekten und Solarparks weiter ausgebaut. Zusammen mit einem Partner entwickelt Equinor gerade drei Windprojekte in der Nordsee. Mit einer Gesamtkapazität von 3,6 Gigawatt stellt dies das größte Offshore-Windfarmprojekt weltweit dar. Bei schwimmenden Windparks, die auf Erfahrungen mit Ölbohrinseln zurückgreifen, sind die Norweger führend.

An der Börse ist der Strategieschwenk noch nicht angekommen. Der Preisverfall beim Erdöl hat die Notierungen der Ölwerte auf neue Tiefstände gedrückt. Die Equinor-Notiz fiel auf ein drei-Jahres-Tief. Analysten bemängeln vor allem, dass das gesamte Offshore-Windportfolio von Equinor übersehen wird. Im Sommer 2019 gelang es Equinor, fast 2.600 MW Offshore-Windkapazität zu sichern, doch der Aktienkurs hat darauf nicht reagiert. Berücksichtigt man das erneuerbare Energiegeschäft habe die Aktie Potenzial bis zu 225 Norwegische Kronen, sagen Analysten. Das entspricht einem Potenzial von über 40 Prozent.

Wer jetzt bei Equinor einsteigt, setzt nicht nur auf eine Aktie mit Aufholpotenzial. Equinor hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten keine Dividendenzahlung ausgelassen. Aktuell rentiert die Aktie mit fünf Prozent.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 20,00 Euro
Stopp: 9,50 Euro