Jetzt ist es beschlossene Sache. Die Reform der Erbschaftsteuer. Also fast. Allerdings wenn, dann vermutlich vorläufig. Jedenfalls hat man sich geeinigt. In der großen Koalition. Zumindest vorerst. Was soll man sagen: Kabinetts-, Koalitions- und Bundestagsbeschlüsse hin oder her, die Sache ist noch lange nicht vom Tisch. Das haben die Abgeordneten der SPD kaum verhehlen können. Während die Redner der Union Kreide zum Frühstück gegessen hatten und den Kompromiss über den grünen Klee lobten, brachten sich die Sozialdemokraten schon einmal in Wahl-kampfposition: kleinster gemeinsamer Nenner, zu wenig Umverteilung, Steueraufkommen erhöhen, progressive Steuersätze.

Da hätte man sich schon gewünscht, dass wenigstens die liberalen, konservativen Mittelstandsvertreter im Parlament ein wenig dagegengehalten hätten. Kein Sterbenswörtchen aber, dass nach wie vor eine Besteuerung von Substanz bei Familienunternehmern die Investitionskraft schmälert und damit Arbeitsplätze gefährdet. Es wird natürlich kaum ein Betrieb deswegen pleite-gehen, aber das war auch nie die Frage. Die Frage ist: Wo ist das Geld gemeinnütziger und zukunftsträchtiger aufgehoben? In der Umverteilungsmaschinerie des Staates oder bei Familienunternehmern? Und gerade auch bei großen Familienunternehmern, die eben dadurch, dass sie groß geworden sind, zugleich Sparsamkeit und Investitionsbereitschaft über Generationen bewiesen haben.

Gerade große Familienunternehmervermögen sind Linken, Grünen und eben auch der SPD ein Dorn im Auge. Ganz egal, dass diese Unternehmen auch große Arbeitgeber sind, die selbst über die jüngsten Weltwirtschaftskrisen hinweg die Beschäftigung ausgebaut haben. Egal, dass erst durch generationenübergreifendes Denken der Familien große betriebliche Kapitalstöcke gebildet werden konnten, die tief im Land und in unserer Gesellschaft wurzeln. Und auch egal, dass große Familienunternehmer ebenso große Steuerzahler sind, gewerblich und privat. Im Gegensatz zu manchem börsennotierten Konzern.

"Ihr werdet die Schwachen nicht stärken, wenn ihr die Starken schwächt." Die viel zitierte Mahnung aus William J. H. Boet-ckers "The Ten Cannots" wird in den Wind geschrieben. Mehr noch, politisch und medial werden die Interessenvertretungen der Familienunternehmer an den Pranger gestellt. Keinem der Polemiker kommt es in den Sinn, dass es Familienunternehmern geradezu in die Gene geschrieben ist, dass sie nur als Teil eines prosperierenden Gemeinwesens erfolgreich sein können.

Ganz generell behindert eine Erbschaftsteuer das eigenverantwortliche Streben von Familien zur Vorsorge. Eine Erbschaftsteuer konterkariert die Subsidiarität des Sozialwesens. Es ist eine Strafsteuer auf Konsumverzicht zugunsten der Nachkommen. Vermögen können nur aus nicht konsumierten, gesparten, versteuerten Einkommen gebildet werden. Bei unserem linear-progressiven Einkommensteuertarif ist es sogar ein außerordentlich hoch versteuertes Einkommen, weil nur das gespart werden kann, was nach einem gewissen unerlässlichen Konsum übrig bleibt. Bei den Einkommen wird in Deutschland außerordentlich darauf geachtet, dass stärkere Schultern mehr tragen. Ein sehr prägnanter Ausdruck des Leistungsfähigkeitsprinzips.

Danach muss es aber dann auch einmal gut sein mit dem staat-lichen Absahnen, wenn man im Sozialsystem wenigstens noch einen Hauch von Selbstständigkeit und Eigenverantwortung erhalten will. Dereinst ein ehernes Grundprinzip von Ludwig Erhards Sozialer Marktwirtschaft: "Ich will mich aus eigener Kraft bewähren, ich will das Risiko des Lebens selbst tragen, will für mein Schicksal selbst verantwortlich sein. Sorge du, Staat, dafür, dass ich dazu in der Lage bin." Damit Familien diesen Auftrag übernehmen können, gehört die Erbschaftsteuer abgeschafft.

Gerd Maas



Maas studierte Betriebswirtschaft in Passau und lebt im Landkreis Rosenheim. Dort leitet er einen kleinen Familienbetrieb für Projektmanagement-Dienstleistungen. Als Publizist engagiert er sich für eine nachhaltige Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung und ist Mitgründer des Steinbeis-Instituts Europa der Marktwirtschaften. 2015 erschien sein Buch "Warum Erben gerecht ist" (FinanzBuch -Verlag, ISBN: 978-3-89879942-3, 19,99 €).