"Das, was wir angekündigt haben, ist ein Brett", betonte Personalvorstand Oliver Burkhard. Betriebsbedingte Kündigungen seien nach wie vor die Ultima Ratio. "Wir können sie aber im Moment nicht ausdrücklich ausschließen." Während die IG Metall mahnende Worte fand, forderte der schwedische Finanzinvestor und Großaktionär Cevian einer schärfere Gangart: "Wettbewerber haben in der Corona-Krise massiv durchgegriffen und ziehen weiter davon", sagte Cevian-Partnerin Friederike Helfer. "Es tut weh, das anzusehen, denn es müsste so nicht sein."

Personalvorstand Burkhard betonte, man werde sich im Einklang mit den Arbeitnehmervertretern um anständige Lösungen bemühen. 3600 der 11.000 Jobs seien bereits weggefallen. Von den übrigen 7400 entfielen 5300 auf Mitarbeiter in Deutschland. "Ich gebe hier ausdrücklich keine Entwarnung. Und ich will auch nichts beschönigen. Das wird in den kommenden Jahren der größte Restrukturierungsprozess und der geplant stärkste Rückgang der Mitarbeiterzahl seit Bestehen von Thyssenkrupp."

EINIGKEIT KOSTET ZEIT


Cevian-Partnerin und Thyssenkrupp-Aufsichtsratsmitglied Helfer reicht das nicht. Bisher sei noch nicht genug passiert, kritisierte sie. "Es ist ein Sanieren gegen die Zeit." Nun müssten dringend weitere Taten und Ergebnisse folgen. "Der Vorstand hat unsere volle Unterstützung dafür."

Ginge es allein um die Höhe des Jobabbaus, gehen andere Konzerne härter vor als der traditionell auf Ausgleich mit der Belegschaft setzende Traditionskonzern, der mit Burkhard einen früheren Gewerkschaftschef von NRW im Vorstand hat und bei dem in der Stahlsparte mehr als 90 Prozent der Mitarbeiter in der IG Metall sind. Beim Autozulieferer Continental stehen weltweit 30.000 Jobs auf der Kippe - etwa 13 Prozent der Gesamtbelegschaft. ZF Friedrichshafen baut bis zu 15.000 Jobs ab - etwa jede zehnte Stelle. MAN will mit 9500 mehr als ein Viertel seiner weltweit 36.000 Arbeitsplätze streichen.

Vorstandschefin Martina Merz betonte, dass sie auch in der Krise den Schulterschluss sowohl mit den Arbeitnehmern als auch mit den Aktionären sucht. Einigkeit im Aufsichtsrat sei absolut essenziell, um ein Zukunftsbild für einen Konzern zu entwickeln. "Diese Einigung herzustellen, die kostet manchmal ein bisschen mehr Zeit, als irgendwie vor das Gebäude zu ziehen und Lärm zu erzeugen." Thyssenkrupp wolle in einem enger werdenden Arbeitsmarkt auch ein guter Arbeitgeber sein.

MILLIARDEN-VERLUST


Für die hohe Verluste schreibende Stahlsparte kündigte Merz an, im Frühjahr zu entscheiden wie es weitergeht - entweder alleine oder mit einem Partner. "Wir wollen uns nicht von Dritten abhängig machen. Wir wollen uns aus eigener Kraft zukunftsfähig machen. Das hilft in jedem Szenario", sagte Finanzchef Klaus Keysberg. Thyssenkrupp liegt ein Übernahmeangebot für die Stahlsparte von dem britischen Konkurrenten Liberty Steel vor. Die IG Metall lehnt dies ab und macht sich für eine Staatsbeteiligung stark. Auch Merz hat dies als Option bezeichnet.

Thyssenkrupp Steel Europe fuhr einen operativen Verlust von fast einer Milliarde Euro ein. Der Gesamtkonzern mit seinen fortgeführten Aktivitäten - ohne die veräußerte Aufzugssparte - wies unter dem Strich sogar einen Fehlbetrag von 5,5 Milliarden Euro aus. Im neuen Geschäftsjahr 2020/21 soll es zwar besser laufen. Am Ende rechnet der Vorstand aber immer noch mit einem Jahresfehlbetrag von mehr als einer Milliarde Euro.

Merz erklärte, es seien zwar beim Umbau des Konzerns "erste kraftvolle Schritte" gemacht worden. "Es liegt aber noch ein gutes Stück Weg vor uns. Wir werden noch weiter in den roten Bereich gehen müssen, ehe wir Thyssenkrupp zukunftsfähig aufgestellt haben." Die nächsten Schritte könnten schmerzhafter werden als die bisherigen.

rtr