Das Landgericht Stuttgart wies am Montag eine Klage von knapp zwei Dutzend amerikanischen Hedgefonds über insgesamt 1,36 Milliarden Euro Schadensersatz gegen die Porsche-Holding ab. Die Fonds hätten nicht nachweisen können, dass sie 2008 ihre Anlageentscheidungen aufgrund von Dementis von Porsche zu dem VW-Übernahmeplan trafen, erklärte Richterin Carola Wittig. Zudem sei nicht erkennbar, dass Porsche von den spekulativen Leerverkäufen der Fonds wusste und diese gezielt in die Irre führte, um ihnen zu schaden.

Die von den Familien Porsche und Piech kontrollierte Porsche-Holding begrüßte das Urteil, das allerdings noch nicht rechtskräftig ist, weil die Fonds noch in Berufung gehen können. Von der Anwaltskanzlei der Fonds um Branchengrößen wie Glenhill Capital und Viking war vor Gericht nur ein Vertreter erschienen, der nicht näher Stellung nehmen wollte. Ein Sprecher von Porsche sagte, dies sei ein Etappensieg. Denn insgesamt haben rund 100 institutionelle und private Investoren an bundesweit vier Gerichten auf insgesamt 5,7 Milliarden Euro Schadensersatz geklagt. "Das Urteil bestärkt uns in der Auffassung, dass auch die Klagen in Hannover und Braunschweig unbegründet sind", sagte er.

Die Hedgefonds sehen sich von Porsche getäuscht, weil der Sportwagenbauer im Frühjahr 2008 die Übernahme des viel größeren Wolfsburger Konzerns heimlich geplant, dies aber bis Ende Oktober öffentlich abgestritten habe. Dies habe sie zu Aktiengeschäften veranlasst, die ihnen nach Bekanntwerden des Übernahmeplans hohe Verluste einbrockten. Sie hatten sich VW-Aktien geliehen und diese verkauft - mit dem Ziel, sie später billiger zurückzukaufen und die Differenz als Gewinn einzustreichen. Mit der Ankündigung Porsches am 26. Oktober 2008, eine Mehrheit von 75 Prozent an VW anzustreben, schnellte der VW-Kurs aber zeitweise auf mehr als 1000 Euro in die Höhe. Die Fonds mussten die Papiere viel teurer kaufen, um ihre Leerverkäufe zu decken.

KEINE PFLICHT ZUR OFFENLEGUNG

Das Gericht erklärte, letztlich sei es unerheblich, ob Porsche vor Oktober 2008 die Übernahme schon beschlossen habe oder nicht. Das Unternehmen sei nicht verpflichtet gewesen, seine Absichten offen zu legen und sei zu den öffentlichen Dementis geradezu gezwungen gewesen, um Spekulationen entgegenzutreten. Pressemitteilungen unterlägen nicht so strengen Voraussetzungen wie Pflichtveröffentlichungen, deshalb werde ihnen ohnehin geringeres Vertrauen entgegen gebracht. Der Markt habe sich damals trotz der anders lautenden Pressemitteilungen nicht darauf verlassen können, dass die Übernahme nicht später noch angestrebt werde.

Der Übernahmeplan scheiterte 2009 im Zuge der Finanzkrise, und VW rettete letzlich den hoch verschuldeten Sportwagenbauer vor dem Aus. Dieser musste sein Fahrzeuggeschäft an VW abgeben, so dass Porsche seit Mitte 2012 vollständig als zwölfte Marke zum VW-Konzern gehört. Größter Anteilseigner an VW wiederum ist die Holdinggesellschaft Porsche SE, die von den Familien des Porsche-Aufsichtsratschefs Wolfgang Porsche und des VW-Aufsichtsratschefs Ferdinand Piech kontrolliert wird.

Das rechtliche Nachspiel des Übernahmepokers ist noch längst nicht abgeschlossen. Neben zivilen Schadensersatzklagen in Hannover, Braunschweig und Frankfurt durchleuchtet auch die Staatsanwaltschaft den Fall. Dem Landgericht Stuttgart liegt schon seit Dezember 2012 die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen die ehemaligen Porsche-Manager Wendelin Wiedeking und Holger Härter wegen Marktmanipulation vor. Die Strafverfolger ermitteln außerdem seit Februar 2013 gegen den kompletten früheren Aufsichtsrat wegen Beihilfe zur Marktmanipulation. Sie hat damit auch Wolfgang Porsche und seinen Cousin Ferdinand Piech im Visier.

Reuters