Mit Erleichterung haben die Anleger an den europäischen Aktienmärkten am Donnerstag auf den vorläufigen Verzicht der US-Notenbank auf eine schnelle Zinserhöhung reagiert. Der Dax stieg bis zum frühen Nachmittag um zwei Prozent auf 9748 Punkte, der EuroStoxx50 legte 2,6 Prozent auf 3130 Zähler zu. Die Fed-Chefin Janet Yellen hatte signalisiert, dass die Zinsen wahrscheinlich noch nicht auf "einer der beiden nächsten Sitzungen" - also im Januar oder März - erhöht würden . "Von einer zeitnahen Leitzinserhöhung dürften die Aktienmärkte also noch eine Weile verschont bleiben. Anleger honorieren die vorweihnachtlich frohe Botschaft mit kräftigen Zukäufen", sagte Gregor Kuhn, Analyst bei IG Marktets.

Für die Wall Street signalisierten die US-Futures zur Eröffnung weitere Kursgewinne von etwa einem Prozent. Unterstützt wurde die Stimmung vom unerwartet deutlichen Anstieg des Ifo-Geschäftsklima-Index für Deutschland und von der Einführung eines Negativzinses durch die Schweizer Nationalbank zum 22. Januar - just dem Termin für die erste EZB-Ratssitzung 2015. Damit würden die Anleger erst recht in Aktien gedrängt, sagte ein Händler in Zürich. Zudem wird an den Märkten für Anfang 2015 die Ankündigung eines großangelegten Anleihekaufprogramms durch die EZB erwartet. Dies drückte den Euro unter 1,23 Dollar, nachdem er am Vortag noch über 1,25 Dollar notiert hatte.

Zu der entspannteren Stimmung trug auch die Erholung der Ölpreise bei: Nordseeöl der Sorte Brent und US-Leichtöl der Sorte WTI verteuerten sich in der Spitze um je vier Prozent auf 63,70 Dollar und 58,73 Dollar. Händler sprachen von einer überfälligen Gegenbewegung.

Dessen ungeachtet nahm der Rubel seine Talfahrt wieder auf - wenn auch moderater. Der Dollar kletterte um bis zu 6,2 Prozent auf 63,87 Rubel und notierte auch am Nachmittag noch 1,6 Prozent höher. Dagegen legt die Moskauer Börse legte noch während der Pressekonferenz von Präsident Wladimir Putin weiter zu. Der Leitindex, der seit Monatsbeginn um mehr als Viertel gefallen ist, stieg um sieben Prozent.

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KONJUNKTURSENSIBLE WERTE IM AUFWIND

Im Dax standen stark konjunkturabhängige Werte an der Spitze. Die Aktien von VW, des Autozulieferers Continental und des Chemiekonzerns Lanxess gewannen je mehr als drei Prozent. Mit einem Plus von 2,6 Prozent reagierten SAP auf den Umsatzanstieg beim Konkurrenten Oracle, dessen Aktien im außerbörslichen Handel in den USA um 5,3 Prozent stiegen. Auch einige Bankenwerte legten zu: Deutsche Bank stiegen um 3,4 Prozent. Im EuroStoxx standen ING und Societe Generale mit Kursgewinnen von über vier Prozent ganz oben.

Im TecDax schossen die Titel von QSC um bis zu 21 Prozent auf 1,71 Euro in die Höhe. Der Internetdienstleister United Internet prüft laut "Manager Magazin" die Übernahme des Netzes der Kölner Telekommunikationsfirma.

Der Verkauf des Rumänien-Geschäfts an Certinvest und Sif Transilvania schob in Paris Axa um 4,7 Prozent an. Fusionsphantasie verhalf den Aktien von Alcatel-Lucent zu einem Plus von fast acht Prozent auf 2,86 Euro. Der Netzwerkausrüster spricht nach einem Bericht des "Manager magazin" mit dem Rivalen Nokia Networks über eine Fusion. Nokia legten in Helsinki 2,8 Prozent zu.

Reuters