Im Retiro-Park in Madrid steht auf der Spitze eines Brunnens der "Ángel Caído" - der gefallene Engel. Die von Bildhauer Ricardo Bellver geschaffene Skulptur zeigt Luzifer, wie er aus dem Paradies gestürzt wird. Er leidet sichtlich.

Das Standbild hat Anleger inspiriert, den Terminus "gefallener Engel" in ihren Sprachwortschatz aufzunehmen. Sie bezeichnen damit Unternehmen, deren Kreditqualitäten von Investment Grade in den High-Yield-Bereich herabgestuft wurden. Die Ratingagenturen kommunizieren Gläubigern die Ergebnisse ihrer Analysen in Form von Noten. Fitch und S & P beurteilen Anleihen, die gerade noch den Kriterien einer sicheren Anlage entsprechen, mit BBB-, der spekulative Bereich fängt ab BB+ an. Bei Moody’s endet der "Himmel" mit Baa3, die "Hölle" beginnt mit Ba1.

Die Verschlechterung der Bonität hat gravierende Folgen. Für die Unternehmen wird es teurer, sich Kapital zu beschaffen. Als Kompensation für das gestiegene Zahlungsausfallrisiko verlangen Investoren höhere Zinsen. Die gestiegenen Refinanzierungskosten wiederum drücken die Gewinne. Reagieren die Unternehmen nicht mit Einsparungen oder belebt sich nicht in absehbarer Zeit die Konjunktur, laufen sie Gefahr, noch tiefer in den Hochzinsbereich zu fallen.

Ein Downgrade geht in der Regel auch mit Kursverlusten einher. Anleihe- Fonds oder Exchange Traded Funds, die ihren Anlagerichtlinien entsprechend nur sichere Anleihen halten dürfen, müssen sich umgehend von gefallenen Engeln trennen.

Niedrig bewertete Schuldner

Mutige Investoren dagegen sehen in Kurskorrekturen beziehungsweise in steigenden Renditen Kaufchancen. Nicht selten sind Anleihen, sobald sie im Hochzinsbereich ankommen, günstig bewertet und notieren unter Nennwert. Anleger setzen darauf, dass sich Fallen Angels nach einiger Zeit erholen und womöglich als Rising Stars wieder in den Investment-Grade-Bereich hochgestuft werden. Die Anleihekurse ziehen dann wieder an.

Einstiegsgelegenheiten gab es zuletzt reichlich. Nie zuvor fielen so viele Engel wie im Jahr 2020. Die Corona-Krise sowie Maßnahmen zu ihrer Eindämmung bewirkten insbesondere im Touristik- und Automobilsektor dramatische Gewinneinbußen. Auch die zur Bedienung von Schulden notwendigen freien Cashflows versiegten. Nach Angaben der Investmentgesellschaft Bantleon stiegen die Verbindlichkeiten gefallener Engel allein in Europa um 57 Milliarden auf knapp 100 Milliarden Euro. Weltweit wurden laut S & P Global im vergangenen Jahr Schulden in Höhe von 640 Milliarden Dollar neu als High Yield eingestuft. Das bis dahin bestehende Rekordergebnis aus dem Jahr 2005 in Höhe von 480 Milliarden Dollar wurde damit deutlich übertroffen.

Herabgestuft wurden beispielsweise Deutsche Lufthansa, Renault, der Automobilzulieferer Valeo sowie der Nahrungsmittelhersteller Kraft Heinz. Auch Royal Caribbean sank in der Bonität. Im Mai vergangenen Jahres setzte Moody’s das Rating gleich um zwei Noten tiefer auf Ba2. In den Hochzeiten der Pandemie verbrannte die US-Kreuzfahrtlinie monatlich zwischen 250 und 275 Millionen Dollar. Um laufende Ausgaben bestreiten zu können, legte das Unternehmen im vergangenen Jahr eine bis 2025 laufende Anleihe im Volumen von 2,3 Milliarden Dollar auf. Den Bond musste das Management mit einem Kupon in Höhe von 11,5 Prozent und damit deutlich höher als zuvor emittierte Anleihen ausstatten. Im August 2020 legte Moody’s noch einmal nach. Royal Caribbean ist seitdem nur noch mit B1 eingestuft, die Anleihe gilt somit als hochspekulativ.

Mittlerweile kreuzen Schiffe von Royal Caribbean wieder über die Meere. Doch die jüngst veröffentlichten Zahlen für das dritte Quartal blieben noch hinter den Erwartungen der Analysten zurück. Moody’s bestätigte daher den negativen Ausblick. In einem Interview auf CNN sprach CEO Richard Fain von deutlich gestiegenen Buchungszahlen und versprach für das kommende Jahr die Rückkehr in die Gewinnzone.

Stabiler Ausblick

Besser sieht es schon bei Ford Motor aus. Im März 2020 hatte S & P die Bonität des mit über 140 Milliarden Dollar verschuldeten Autobauers auf BB+ herabgesetzt. Die Nummer 2 der Branche in den USA musste wegen der Pandemie Produktionsanlagen rund um den Globus schließen. Der finanzielle Druck lässt mittlerweile nach. Nach starken Zahlen im dritten Quartal dieses Jahres - trotz Chip-Problemen - hob Finanzvorstand John Lawler die Gewinnziele für das Gesamtjahr an und bekräftige die Absicht des Konzerns, schnell wieder in den Investment-Grade-Bereich zurückkehren zu wollen. Moody’s und Fitch haben mittlerweile den Ausblick von negativ auf stabil angehoben. Die Anleihekurse haben darauf positiv reagiert. Der bis November 2025 laufende Dollar-Bond rentiert daher nur noch mit 2,8 Prozent pro Jahr. Der Abstand zur entsprechenden Bundesanleihe beträgt aber immer noch über 3,5 Prozentpunkte.

Diversifizierte Engel

Anleger, die den Einstieg in eine einzelne gefallene Engel-Anleihe scheuen, können auch in eine Vielzahl von Papieren investieren. Im Portfolio des VanEck Vectors Global Fallen Angel High Yield ETF finden sich neben Ford, Royal Caribbean und Lufthansa 467 weitere Bonds. Der nach Branchen und Ländern diversifizierte Exchange Traded Fund hat sich gut entwickelt. Seit Jahresanfang legte er um über acht Prozent zu, auf Sicht von drei Jahren erzielte er ein Plus von 30 Prozent. Mit herkömmlichen High-Yield-Anleihen kamen Anleger nur auf 16 Prozent.

Eine weitere Möglichkeit an den Chancen der Anlageklasse zu partizipieren, bietet der Invesco US High Yield Fallen Angels ETF. Im Portfolio finden sich nur nordamerikanische Emittenten. Unternehmen, deren Downgrade erst vor Kurzem erfolgte, sind hoch gewichtet. Steigt eine Firma wieder in eine höhere Bonitätsklasse, fällt die Anleihe aus dem Indexpapier. An möglichen Nachrückern ist kein Mangel. US-Anleihen im Volumen von 900 Milliarden Dollar werden derzeit mit BBB- eingestuft. Sie sind damit nur noch eine Note vom Fallen- Angel-Status entfernt.
 


INVESTOR-INFO

VanEck V. Glo. F.A. High YielD

Spekulative Alternative

Der VanEck Vector Global Fallen Angels High Yield ETF hat spekulative US-Anleihen mit über 40 und mexikanische Bonds - vor allem Pemex - mit über zehn Prozent gewichtet. Der Rest der Mittel ist in europäischen Anleihen investiert. Bei den Branchen dominieren Energie und Konsum. Die Restlaufzeit der Papiere beträgt im Schnitt neun Jahre. Der ETF bietet Anlegern eine gute Alternative zu reinen High-Yield-Investments.

Fokus auf Nordamerika

Invesco US HY Fallen Angels

Der ETF bildet die Wertentwicklung des FTSE Time-Weighted US Fallen Angel Bond Select Index ab. Dieser umfasst 212 Positionen von Emittenten aus den USA und Kanada. Über 88 Prozent der Anleihen sind mit Kreditnote "BB" eingestuft. Sofern kein Upgrade erfolgt, verbleiben die Papiere 60 Monate im Index. Die durchschnittliche Rendite der Anleihen bis Fälligkeit beträgt 3,5 Prozent.