"Wenn sich bewahrheiten sollte, dass die BaFin auch im Fall Greensill Warnungen in den Wind geschlagen hat, dann wäre das ein weiterer Beleg für das Kulturproblem, das die Behörde hat", fügte FDP-Politiker Florian Toncar hinzu.

Die BaFin hat die in Bremen ansässige Bank am Mittwoch wegen drohender Überschuldung dicht gemacht und das Management bei der Staatsanwaltschaft Bremen angezeigt. Das Institut hatte seine Bilanzsumme innerhalb weniger Jahre auf 4,5 Milliarden Euro aufgepumpt.

Der Privatbanken-Verband BdB, dessen Einlagensicherungsfonds für bedrohte Spareinlagen bei Greensill gerade steht, erklärte am Donnerstag, er habe die Finanzaufsicht bereits vor einem Jahr auf Ungereimtheiten in den Bilanzen des Instituts aufmerksam gemacht. "Es war der Prüfungsverband, der die BaFin bereits Anfang 2020 auf die Probleme der Greensill Bank hingewiesen hat", sagte ein BdB-Sprecher. Der Prüfungsverband setze die Regeln für die BdB-Mitgliedsbanken. "Das Management der Greensill Bank hat sich offensichtlich nicht an diese Regeln gehalten."

Ein Sprecher der BaFin erklärte, die Behörde habe bereits 2020 "entschlossen und tatkräftig" gehandelt und mit dem BdB sowie dem Prüfverband eng kooperiert. Die Prüfungen des Verbands hätten Klumpenrisiken gezeigt, aber keine Indizien für Betrug oder andere strafbare Handlungen. Im ersten Halbjahr 2020 habe die BaFin eigene Untersuchungen angestellt.

Der Anspruch der BaFin müsse es sein, Missstände von sich aus aufzudecken, sagte Toncar. "Wenn es aber nicht einmal funktioniert, dass brauchbaren Hinweisen von anderen Aufsehern nachgegangen wird, dann hat die Behörde ein fundamentales Problem." Im Fall des zusammengebrochenen Wirecard-Konzerns wird der BaFin vorgeworfen, mutmaßlichen Bilanzbetrug über Jahre nicht bemerkt zu haben. BaFin-Präsident Felix Hufeld verlor deshalb seinen Job.

Die BaFin nahm die Greensill Bank im vergangenen Sommer unter die Lupe und leitete eine Sonderprüfung ein. Vor kurzem schickte die Behörde die Bundesbank als Sonderbeauftragten nach Bremen, die das Tagesgeschäft überwachen sollte. Dies sei zu spät geschehen, monierte Linken-Finanzpolitiker Fabio De Masi. Der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach sagte, der entstandene Schaden wäre vermeidbar gewesen. "Seit etwa einem Jahr mehrten sich Berichte über erhebliche Missstände bei Greensill, ohne dass die BaFin eingeschritten wäre."

MILLIARDEN IM FEUER


Bei der Greensill Bank steht der Verdacht von Bilanzmanipulation im Raum. Zwar wollen weder BaFin noch die Staatsanwaltschaft den Inhalt der Strafanzeige der BaFin kommentieren. In einer Pressemitteilung verwies die BaFin aber darauf, dass bei einer Sonderprüfung festgestellt worden sei, dass die Greensill Bank nicht in der Lage sei, Nachweise über die Existenz von bilanzierten Forderungen zu erbringen. Die Greensill Bank hatte erklärt, sie habe zu jeder Zeit mit den Regulatoren und Wirtschaftsprüfern kooperiert und sei transparent gewesen in Bezug auf die Einstufung von Vermögenswerten.

Das 2014 aus der ehemaligen Nordfinanz hervorgegangene Institut sammelte über Online-Portale wie "Weltsparen" und "Zinspilot" Gelder von privaten Anleger ein, um damit nach eigenen Angaben Fondsgeschäfte der britisch-australischen Muttergesellschaft Greensill Capital abzusichern. Per Ende 2019 - aktuellere Daten gibt es nicht - beliefen sich die Verbindlichkeiten gegenüber Kunden auf 3,3 Milliarden Euro. Etwa eine Milliarde Euro davon stammt laut der Ratingagentur Scope von Privatanlegern.

SPD-Politikerin Cansel Kiziltepe nahm die Finanzaufsicht in Schutz. "Die BaFin ist schon seit längerem bei Greensill aktiv und hat immer schärfere Maßnahmen eingeleitet", sagte sie zu Reuters. "Bisher ist nicht erkennbar, dass die BaFin zu spät reagiert hat." Der Bankenverband könne bei seinen Mitgliedern selbst aktiv werden.

rtr