Flender passt nicht mehr zur künftigen Siemens. Den Zuschlag für den Antriebstechnikspezialisten aus dem Portfolio des Münchner DAX-Konzerns bekam vor Kurzem der amerikanische Private- Equity-Konzern Carlyle. Für die 1899 gegründete Firma aus Bocholt, die Siemens vor 15 Jahren aus dem Besitz der Citigroup erworben hat, zahlt Carlyle zwei Milliarden Dollar. Mit mehr als 224 Milliarden Dollar verwaltetem Vermögen ist der in Washington DC angesiedelte Carlyle-Konzern die Nummer 4 der Private-Equity-Branche.

Große Finanzinvestoren investieren Milliardensummen für institutionelle Anleger wie Pensionskassen oder Versicherungen. Mit dem Geld werden Firmen, Konzernsparten oder Tochterunternehmen wie Flender übernommen. Anschließend wird deren Geschäft restrukturiert, ausgebaut oder fokussiert.

Robuster Boom für Private Equity

Dafür nutzen die Private-Equity-Konzerne ihre Netzwerke von Beteiligungsexperten, die ausgeklügelte Finanzinstrumente einsetzen, um überdurchschnittlich hohe Renditen einzufahren. Diese Wertschöpfung aus einer Beteiligung, die später an die Börse gebracht oder weiterverkauft wird, ist häufig auf fünf bis sieben Jahre angelegt. Das gegenwärtige Kapitalmarktumfeld mit historisch niedrigen Zinsen treibt das Geschäft der Finanzinvestoren stark an. Auch weil die Niedrigzinsen bei institutionellen Anlegern wie Versicherungen, Pensionskassen oder Family-Offices den Druck erhöhen, mit überdurchschnittlichen Renditen anzulegen.

Nach aktuell verfügbaren Daten verwalteten Finanzinvestoren Ende März weltweit mehr als 4,4 Billionen Dollar, knapp elf Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Zum Vergleich: 2010, ein Jahr nach dem Ausbruch der globalen Finanzkrise, nach der die Niedrigzinsphase begann, waren es 1,8 Billionen Dollar.

Bei den Kapitalzuflüssen gebe es einen starken Trend zugunsten der größten Finanzkonzerne, berichten die Experten des spezialisierten Marktforschers Preqin. Die größten Akteure nutzen global gespannte Netzwerke, verfügen über Experten für Unternehmen in vielen Branchen und setzen komplexe Finanzierungs- und Kapitalinstrumente ein.

So schaffen sie häufiger Renditen von 20 Prozent und mehr. Der größte Hebel dafür sind günstige Kredite und Refinanzierungen. Die Geschäfte der Finanzinvestoren werden zudem, trotz der beachtlichen Vermögen, die sie anlegen, weniger reguliert als bei Banken. Auch das erhöht den Spielraum für mehr Rendite. Investoren schätzen das. Der Börsenwert von Primus Blackstone ist mit 67 Milliarden Dollar nahe an den 79 Milliarden für Goldman Sachs, die Top-Adresse im Investmentbanking.

Europa und Deutschland begehrt

Wie stark global aktive Finanzinvestoren inzwischen auch am Firmenstandort Deutschland engagiert sind, zeigen die großen Deals des laufenden Jahres. Die Aufzugsparte von Thyssenkrupp erwarben Advent, Cinven und die RAG Stiftung in einem Konsortium. Der Haarpflegekonzern Wella ging an KKR. Die Nummer 5 im globalen Private-Equity-Geschäft hat zudem die Kontrolle bei "Bild"-Herausgeber Axel Springer. Hensoldt, die ehemalige Radarsparte des Airbus-Konzerns, die KKR im Jahr 2017 übernommen hatte, brachte der Private-Equity-Konzern im September in Frankfurt aufs Parkett.

Kürzlich meldete die Elektronikfirma aus Taufkirchen bei München einen Rekordauftrag von 1,4 Milliarden Euro. Hensoldt rüstet spanische und deutsche Eurofighter mit Radarsystemen aus. Die große Order verdoppelte den Auftragseingang binnen Jahresfrist auf 3,4 Milliarden Euro. Haupteigentümer KKR mit 63,5 Prozent der Anteile bleibt bei den Bayern bis auf Weiteres an Bord.

Währenddessen kaufte der schwedische Finanzinvestor EQT hierzulande in kurzer Folge Inexio und die Deutsche Glasfaser, um einen Konkurrenten zur Deutschen Telekom aufzubauen. Direkte Glasfaseranschlüsse in Gebäuden oder Wohnungen sind in Deutschland bisher noch selten. Ihr Anteil an den Kommunikationsnetzen liegt im niedrig einstelligen Prozentbereich.

Auch bei dem niederländischen Telekommunikationskonzern KPN, der in Deutschland einst mit der Mobilfunktochter E-Plus präsent war, hat EQT die Glasfaser im Blick. Das Netz von KPN soll in der Länderregion Benelux bis Ende 2021 drei Millionen Gebäude erreichen. Der zweitgrößte niederländische Betreiber von Glasfasernetzen Delta Fiber gehört bereits den Schweden. Für die auf zehn Milliarden Euro geschätzte Übernahme von KPN ist politisches Fingerspitzengefühl notwendig. Das macht den Deal für EQT zum bisher schwierigsten. Über die Vorgänge dringt nichts nach außen.

Währenddessen bereiten die Schweden hierzulande den Verkauf von Deutschlands zweitgrößtem Gebäudeverwalter Ampleona vor. Der Finanzinvestor hatte ihn 2016 vom Mannheimer Industriedienstleister Bilfinger zum Unternehmenswert von 1,4 Milliarden Euro übernommen. Über Vereinbarungen mit EQT profitiert auch Bilfinger von einem Verkauf oder Börsengang.

Während mit dem Ampleona-Investment jetzt Kasse gemacht werden soll, beginnt für Carlyle bei Antriebstechnikspezialist Flender die Wertschöpfung. Besonders begehrt ist der Geschäftsbereich Winergy, Zahnräder und Getriebe für Windräder. Die Sparte liefert die Hälfte von zwei Milliarden Euro Umsatz. Flenders größte Konkurrenten sind hier ZF in Friedrichshafen am Bodensee und NFC in China. Darüber hinaus entwickelt die Firma Zahnräder und Getriebe für verschiedene Branchen, von Brauereien über Offshore-Ölförderung bis zum Schiffsbau und zur Herstellung von Zement.

Reif für den Verkauf im Portfolio von Carlyle ist indes die Berliner Atotech. Die Firma mit 1,2 Milliarden Dollar Umsatz und weltweit 4.000 Mitarbeitern ist Weltmarktführer für Beschichtungschemikalien und soll nun in New York aufs Parkett. Atotechs Wert wird auf vier Milliarden Dollar taxiert. Ein IPO der Berliner an der Wall Street spielt offensichtlich mehr ein als in Frankfurt.
 


INVESTOR-INFO

KKR

Konkurrent der Banken

Der weltweit fünftgrößte Finanzinvestor Kohlberg Kravis Roberts & Co (KKR) verwaltet mehr als 2018 Milliarden Dollar Vermögen. Die Kapitalmarktsparte des New Yorker Konzerns spielt mehr als ein Fünftel der Einnahmen ein. In der Branche ist das außergewöhnlich. Der Gewinn aus Gebühren für die Verwaltung der verschiedenen Portfolios soll in drei Jahren um mindestens 50 Prozent zulegen. KKR ist weltweit gut aufgestellt. Die Aktie ist günstig bewertet.

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Carlyle

Hohe Zuflüsse

Die Nummer 4 der Branche profitiert deutlich von der Präferenz der Investoren für große Private-Equity-Konzerne. 2020 werde Carlyle nach Einschätzung der Analysten von Bloomberg Intelligence deshalb wie geplant 20 Milliarden Dollar für seine Fonds einsammeln. Von 2016 bis 2019 waren es mit 100 Milliarden mehr als erwartet. An Carlyles Erfolg werden Aktionäre auch über attraktive Dividenden beteiligt.

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EQT AB

Aufsteiger aus Schweden

Die schwedische Unternehmerdynastie der Wallenbergs brachte ihre Private-Equity- Firma im September 2019 an die Börse. EQT verwaltet mehr als 45 Milliarden Dollar Vermögen und ist damit die Nummer 10 der Branche. Aus Deutschland sind unter anderen Orthopädiespezialist Ottobock mit 3,1 Milliarden Euro, der Springer Science Verlag sowie die Softwarefirma Suse Linux mit jeweils 2,2 Milliarden Euro Wert im Portfolio. Trotz der hohen Bewertung hat sich der Aktienkurs binnen Jahresfrist verdoppelt.

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