Der Union-Investment-Fondsmanager Markus Manns spricht über die gefährliche Lage beim Agrarchemie- und Pharmakonzern – und welche Einschnitte er jetzt von Bayer-Chef Bill Anderson verlangt


Seit 1. Juni ist der Amerikaner Bill Anderson Vorstandschef bei Bayer. Der Konzern gerät angesichts Geschäftsrückgang, hoher Verschuldung und ungeklärter Rechtsrisiken in eine immer brenzligere Lage. Anteilseigner und Hedgefonds fordern von Anderson, seine Pläne für den Konzernumbau endlich auf den Tisch zu legen. Die Fondsgesellschaft Union Investment zählt mit einer Beteiligung von 0,6 Prozent zu den größten Einzelaktionären bei Bayer. Union-Investment-Fondsmanager Markus Manns erläutert, welche Schritte er von Anderson jetzt erwartet.

BÖRSE ONLINE: Der Kursverfall der Bayer-Aktie in den vergangenen Monaten geht einher mit einer weiteren Geschäftseintrübung. Wie ernst ist die Lage?

Markus Manns: Die Senkung des Ausblicks mit den Zahlen zum zweiten Quartal und der fehlende finanzielle Spielraum verdeutlichen die schwierige Situation des Konzerns einmal mehr. Vorstandschef Bill Anderson ist sich der Dringlichkeit der Situation bewusst und stellt alles auf den Prüfstand. Es gibt nichts mehr zu beschönigen, sondern es müssen jetzt die richtigen Entscheidungen für die Zukunft von Bayer getroffen werden.


Wie lange hat Anderson dafür noch Zeit?

Wichtiger als der Zeitpunkt der Strategieverkündung sind die Inhalte der Strategie. Bill Anderson und sein Team müssen dann möglichst schnell überzeugende Ergebnisse liefern. Nach Jahren der Underperformance und zahlreichen negativen Überraschungen darf die Geduld der Investoren nicht weiter strapaziert werden.

Anderson hat Mitte September ein „Effiizienzprogramm“ angekündigt, um Bürokratie abzubauen. Sehen Sie das als Schritt in die richtige Richtung?

Es gibt leider kein Allheilmittel, mit dem Bayers Probleme auf einen Schlag zu lösen sind. Es muss darum gehen, die Schulden abzubauen, die Pharma-Pipeline zu stärken, die Glyphosat-Klageflut zu reduzieren und die Konzernstruktur zu vereinfachen. Dazu braucht es kreative Lösungen und Investoren, die Bayer dabei unterstützen. Das Effizienzprogramm ist schon mal ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Falls Anderson die Konzernstruktur vereinfacht: Von welchem der drei Hauptbereiche sollte sich Bayer am ehesten verabschieden?

Am sinnvollsten wäre es, sich im Rahmen eines Spin-offs von Consumer Health zu trennen. Die Synergien mit Pharma sind minimal und Consumer Health würde wegen seiner stabilen Wachstumsperspektiven an der Börse höher bewertet werden als innerhalb des Konzerns. Bayer würde damit einem weltweiten Industrietrend folgen. So haben die Konzerne Glaxo und Pfizer ihr Joint-venture Verbrauchergesundheit, Haleon, an die Börse gebracht, und Johnson & Johnson seine Consumer-Health-Sparte Kenvue. Auch Sanofi hat bereits Vorbereitungen für einen möglichen Spin-off getroffen.

Was halten Sie von der Forderung des Hegdefonds Artisan, Bayer bis auf seinen Kernbereich Agrarchemie zu zerschlagen?

Wir bei Union Investment wollen nicht, dass Bayer zerschlagen wird. In den Jahren 2025/26 kommen wichtige Daten des Gerinnungshemmers Asundexian. Das Medikament ist im Gegensatz zum Vorgänger Xarelto unverpartnert und hat das Potenzial, Bayers Pharma-Sparte in die Topliga zu katapultieren. Um eine Zerschlagung verhindern zu können, braucht Bayer Erfolge und ein zukunftsfähiges Konzept und muss vor allem das beschädigte Investorenvertrauen wiederherstellen. Wichtig dafür wäre endlich mal ein realistischer Ausblick, der nicht ständig revidiert werden muss.

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Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Bayer.