Richtig rund läuft die Konjunktur in Europa zwar noch lange nicht, aber zuletzt waren immerhin gewisse Besserungstendenzen zu beobachten. Laut Goldman Sachs bestätigten Umfragen für das erste Quartal 2014 den positiven Ausblick für eine gesamtwirtschaftliche Erholung in Europa und demnach hat sich auch sowohl die Situation bei den Hypotheken als auch bei Krediten länderübergreifend verbessert.

Das ist auch deshalb wichtig, weil gemäß den Goldman Sachs-Analysten eine starke Korrelation zwischen der Nachfrage nach Bankkrediten, den Standards bei der Kreditvergabe und der Aktivität im Bausektor besteht. Verbesserungen in diesen Bereichen helfen somit auch den europäischen Bauaktien, wobei die Unternehmen auch von den unternommenen Spar- und Restrukturierungsanstrengungen profitieren. Außerdem sind die führenden Branchenvertreter natürlich weltweit aktiv und sie profitieren dadurch auch von den anziehenden Bauaktivitäten in den USA oder dem Wachstum in den Schwellenländern.

An der Börse wird alles das bereits honoriert. Seit März 2009 hat sich der STOXX Europe 600 Construction & Materials Kursindex mehr als verdreifacht und seit Anfang 2013 konnte der STOXX Europe 600 Kursindex klar abgehängt werden, obwohl der Branchenindex seit Anfang April leicht nachgegeben hat. Meldungen wie jene aus Deutschland, wonach die Baukonjunktur im ersten Quartal sehr gut gelaufen ist und dank gut gefüllter Auftragsbücher für das Jahr 2014 mit einem Umsatzplus von 4,5 Prozent im Bauhauptgewerbe gerechnet wird, brachten somit keine neuen Kursimpulse mehr. Der charttechnische Aufwärtstrend ist beim STOXX Europe 600 Construction & Materials Kursindex aber grundsätzlich weiter intakt und es folglich gibt es auch einige interessante Einzelaktie in der Branche. Fünf davon stellen wir nachfolgend etwas näher vor.

Bauaktie Nummer eins: Heidelberger Cement AG (WKN: 604700, 63,65 Euro)

Relativ schwer mit weiteren Kursgewinnen tut sich seit gut einem Jahr die Aktie von Heidelberg Cement. Die Notiz hat seitdem nur leicht zugelegt. Doch mittelfristig hat der DAX-Vertreter durchaus das Zeug dazu, diese Lethargie wieder zu überwinden. Begünstigt vom milden Winter in Europa konnte der Baustoffkonzern im ersten Quartal den zum Jahresauftakt üblicherweise anfallende Nettoverlust jedenfalls von 235 Millionen auf 147 Millionen Euro deutlich reduzieren. Der Umsatz kam gleichzeitig um 5,7 Prozent auf 2,75 Milliarden Euro voran.

Im Gesamtjahr sollen Umsatz, operatives Ergebnis und Jahresüberschuss auf bereinigter und vergleichbarer Basis bei dem auf die Bereiche Zement, Zuschlagstoffe und Beton fokussierten Unternehmen weiter steigen. Helfen bei der Erreichung dieses Zieles dürfte die regionale Aufstellung. Denn mit Schwerpunkten in Nordamerika, Großbritannien, Deutschland und Nordeuropa, wo fast 50 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet werden, ist die Gesellschaft in Regionen aktiv, die momentan vergleichsweise gut dastehen. Wichtig wird allerdings auch sein, das Sparprogramm sowie Preiserhöhungen auch weiterhin erfolgreich umzusetzen.

Einen Schwachpunkt stellt die Verschuldung dar, die mit netto knapp acht Milliarden Euro zum Quartalsultimo leicht über dem Vorjahresniveau lag. Ist es mit einer Verschuldungsquote von 64 Prozent doch erneut schwieriger geworden, ein Investmentgrade-Rating zu erreichen, wie die Analysten der WGZ Bank bemängeln. Noch abzuwarten bleibt zwar, wie sich die geplante Fusion der Konkurrenten Holcim aus der Schweiz und Lafarge aus Frankreich auswirken wird. Geht es nach den Analysten von Helvea, dann könnte HeidelbergCement bei der Fusion der Konkurrenten Holcim und Lafarge aber sogar als lachender Dritte hervorgehen. Zumindest dann, falls sich der Fusionsprozess länger hinziehen sollte als bisher prognostiziert und die möglichen Fusionssynergien als zu hoch erweisen sollten.

Optimistisch für HeidelbergCement ist auch die Deutsche Bank eingestellt. Die Analysten dort halten beim Kurs einen Anstieg bis auf 80 Euro für möglich. Das basiert auf der Annahme, wonach die Gewinne in den Jahren 2015 und 2016 um 35 Prozent und 20 Prozent steigen sollen. Auf dieser Basis würde sich das KGV für 2016 im einstelligen Bereich bewegen, was bei Zielerfüllung sicherlich höhere Aktienkurse mit sich bringen würde.

Bauaktie Nummer zwei: Saint Gobain S.A. (WKN: 872087, 41,895 Euro)

Ebenfalls sehr zuversichtlich ist die Deutsche Bank was die Kursaussichten von Saint Gobain angeht. Das Kursziel wird hier auf 51 Euro taxiert und der französische Baustoffkonzern zählt damit hausintern zu den vier Top-Empfehlungen im europäischen Bausektor. Obwohl die Konjunktur auf dem Heimatmarkt in Frankreich noch immer nicht läuft, hat sich bei Saint Gobain der Aufwärtstrend aus dem zweiten Halbjahr 2013 auch im ersten Quartal dieses Jahres fortgesetzt. Konkret stieg der Umsatz um 2,6 Prozent auf knapp 9,9 Milliarden Euro und bereinigt um Wechselkurseffekte sowie Zukäufe legten die Erlöse sogar um 6,8 Prozent zu.

Für das Gesamtjahr verspricht der Vorstand wechselkurs- und akquisitionsbereinigt einen klar verbesserten operativen Gewinn. Das passt zu den Prognosen der der Deutschen Bank. Die Analysten dort rechnen für 2014 mit einem Gewinnplus von 38 Prozent und 2015 und 2016 soll das Ergebnis je Aktie dann um weitere 35 Prozent und 24 Prozent zulegen. Stimmt die Vorhersage, die auch mit erwarteten Kosteneinsparungen von 800 Millionen Euro in 2014 und 2015 zusammenhängt, würde sich bei dem zu den weltweit führenden Anbietern von Flachglas, Glascontainern, Isolierung, Gips, Röhren, Keramik, Feuerfeststoffen und Schleifmitteln zählenden Unternehmen das KGV für 2016 noch knapp im einstelligen Bereich bewegen.

Wie die Credit Suisse betont, kommt es bei Saint Gobain trotz eines zunehmend internationalen Profils sehr stark auf die Bauaktivitäten in Europa an (auf dem alten Kontinent werden rund 70 Prozent der Umsätze erzielt), denn diese seien weiter der Haupttreiber für die Gesellschaft. Eine Wirtschaftserholung in Europa sollte sich demnach bei einer breiten Palette von hauseigenen Produkten in Volumen und Preissteigerungen niederschlagen. Credit Suisse-Analyst Michael Weber ist in dieser Hinsicht optimistisch. Am 19. Mai hat er die im französischen Leitindex CAC 40 vertretene Aktie von Halten auf Kaufen hochgestuft und mit einem Kursziel von 47 Euro versehen. Charttechnisch betrachtet hängt der Titel seit gut drei Monaten aber in einem Seitwärtstrend fest.

Bauaktie Nummer drei: Buzzi Unichem S.p.A. (WKN: 925963, 12,78 Euro)

Ähnlich wie Saint Gobain sollte auch Buzzi Unichem von einer Verbesserung der Situation in Europa im besonderen Maße profitieren. Genau darauf setzen auch die Analysten von Goldman Sachs und sie trauen der mit einer Kaufempfehlung ausgestatteten Aktie des 1907 gegründeten italienischen Baustoffkonzerns, der in Deutschland über die Tochter Dyckerhoff AG vertreten ist, einen Anstieg bis auf 16,20 Euro zu. Gemessen an der aktuell gültigen Notiz ergibt sich im Erfolgsfall daraus ein Kurspotenzial von fast 27 Prozent. Bei der Deutschen Bank beträgt das Kursziel für diesen Wert übrigens 16,00 Euro und es liegt somit nur unwesentlich niedriger.

Bei einem Umsatzanteil, der von Citi Research für Westeuropa auf 44 Prozent und für Osteuropa auf 22 Prozent beziffert wird, würde Buzzi Unichem aber nicht nur von einer Belebung in Europa profitieren, sondern mit einem Umsatzanteil von 26 Prozent macht sich auch ein Anstieg der Bauaktivitäten in den USA positiv bemerkbar. Im Vergleich mit der europäischen Konkurrenz weisen die Italiener damit für die USA jedenfalls einen relativ hohen Umsatzanteil auf. Behält die Citigroup Recht, wonach die USA 2014 und 2015 ein nominales Wachstum beim Bau von sieben Prozent und acht Prozent verzeichnen sollten, würde sich das als Vorteil erweisen. Zumal auch der Absatz von Zement um vier bis sechs Prozent zulegen soll. Denn genau darin ist der Anbieter von Zement, Transportbeton und Baustoffen stark.

Bringt der neue italienischen Ministerpräsident Renzi sein Land wie erhofft in Schwung, könnte davon für die im FTSE MIB Index vertretene Buzzi Unichem ebenfalls Rückenwind ausgehen. Losgelöst davon traut die deutsche Bank dem Unternehmen aber auch so für 2015 und 2015 starke Steigerungen beim Gewinn je Aktie von 114 Prozent und 55 Prozent zu. Das KGV für 2016 würde sich damit in etwa bei zehn bewegen, was vertretbar wäre. Einen günstigen Eindruck hinterlässt der Wert auch auf Basis der Kennziffer Unternehmenswert zum Gewinn vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen und Amortisationen. Für 2014 taxiert die Citigroup diesen Wert auf 7,4, was deutlich unter dem Durchschnittswert für das beobachtete europäische Bau-Aktien-Universum liegt, der mit 9,3 angegeben wird.

Bauaktie Nummer vier: SIG Plc. (WKN: 888153, 2,45 Euro, 199 britische Pence)

Geografisch betrachtet bringt uns die vierte Kaufempfehlung aus dem europäischen Bausektor nach Großbritannien. Konkret handelt es sich dabei um das Unternehmen SIG Plc. ein auch in Deutschland aktives Unternehmen, das Systembaustoffe im Bereich Boden-, Wand-, Decken-, Dach- und Spezialsysteme anbietet.

Für die ersten vier Monate im laufenden Geschäftsjahr hat der Bauzulieferer ein Umsatzplus von 9,4 Prozent ausgewiesen und bei der Bruttogewinnspanne war verbal allgemein von Verbesserungen die Rede. Die Gesellschaft profitierte dabei von der guten Verfassung der wichtigen Absatzmärkte in Großbritannien und Irland, denn diese präsentierten sich robuster als jene auf dem europäischen Festland. Für das Gesamtjahr ist der Vorstand nach wie vor zuversichtlich, ein gutes Ergebnis vorlegen zu können, wozu auch die ergriffenen Initiativen zur Verbesserung der Arbeitsabläufe und der gesamten Ausrichtung des Unternehmens beitragen sollen.

Die UBS glaubt aber nicht nur an steigende Gewinne in diesem Jahr sondern auch in den Folgejahren. Den Prognosen der Analysten zufolge soll der Nettogewinn 2014 von 61 Millionen auf 75 Millionen Pfund werden und bis 2017 sollen daraus dann sogar 122 Millionen Euro werden. So weit in die Zukunft zu blicken ist bei Ergebnisprognosen zwar etwas problematisch, aber unterstellen wir einmal, dass sich das von der UBS für 2017 erwartete Ergebnis je Aktie von 20,7 Pence einstellen wird, dann würde sich das KGV bei 9,5 bewegen. Die UBS hält darauf aufbauend einem Kursanstieg bis auf 230 Pence für realistisch.

Noch Luft nach oben lässt auch die Relation Unternehmenswert zum Gewinn vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen und Amortisationen. Denn basierend auf den Angaben der Citigroup bewegt sich SIG bei dieser Kennziffer für die Jahre 2014 bis 2016 jeweils um mindestens zehn Prozent unter dem Branchendurchschnitt.

Bauaktie Nummer fünf: Wienerberger AG (WKN: 852894, 13,135 Euro)

Etliche Fürsprecher unter den Investmentbanken hat neuerdings auch wieder die Wienerberger AG. Das hat vor allen Dingen mit der Hoffnung zu tun, dass sich die Geschäfte bei dem weltgrößten Ziegelhersteller mittelfristig weiter beleben. In den vergangenen Jahren musste das österreichische Unternehmen, das 221 Produktionsstandorte in 30 Ländern betreibt, einige Rückschläge einstecken. Diese hatten nicht zuletzt mit der schwierigen konjunkturellen Lage ijn Europa zu tun, werden doch 90 Prozent des eigenen Geschäfts auf dem alten Kontinent generiert.

Allerdings basiert nicht alles nur auf Hoffnungen. Die Geschäfte haben sich vielmehr zuletzt bereits erholt. Deutlich wird das an dem für das erste Quartal 2014 vorgelegten Ergebnis. Der Umsatz stieg da um 19 Prozent auf 585 Millionen Euro und der Nettoverlust konnte um 29 Prozent auf 47 Millionen Euro verringert werden. Für das Gesamtjahr rechnet der Vorstand mit einem operativen Gewinn vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen und Amortisationen von rund 300 Millionen Euro. Ebenfalls wichtig: Die Nettofinanzschulden sanken gegenüber dem 1. Quartal 2013 um 16 Prozent auf 733 Millionen Euro.

Geht es nach dem Vorstand, dann hat die Gesellschaft nach Jahren der Restrukturierung die Talsohle durchschritten und den Weg für zukünftiges Wachstum geebnet. Analysten sehen das offenbar ähnlich. So rechnet die UBS nach einem Verlust von 0,42 Euro je Aktie im Vorjahr in diesem Jahr mit einem Gewinn von 0,09 Euro je Aktie. Dieser soll dann in den kommenden drei Jahren kontinuierlich von 0,52 Euro über 0,93 Euro bis auf 1,38 Euro steigen.

Auf dieser Basis versieht die UBS den im österreichischen Leitindex ATX vertretenen Titel mit einem Kursziel von 16,7 Euro. Bei Goldman Sachs werden sogar 17,5 Euro für möglich gehalten. Wird der von der UBS erwartete Gewinn für 2017 eingefahren, erscheinen diese Vorgaben nicht utopisch, denn dann würde sich auf dieser Basis das KGV im einstelligen Bereich bewegen. Wie der seit Monaten wieder in einem Seitwärtstrend steckende Kurs signalisiert, wollen die meisten Marktteilnehmer aber anscheinend erst neue Hinweise dafür sehen, dass sich die Hoffnungen auch steigende Gewinne auch tatsächlich erfüllen werden.