Klein, aber fein - so präsentiert sich die Wiener Börse den Anlegern. Der österreichische Leitindex Austrian Traded Index, kurz ATX, zeigte sich zu seinem 25. Geburtstag Anfang Januar in erstaunlich starker Verfassung. Auch wenn die Feierlaune angesichts des durchwachsenen Starts ins neue Börsenjahr verhalten ausfiel: Auf Sicht der vergangenen zwölf Monate schnitt er besser ab als DAX und Euro Stoxx 50. (siehe Chart)



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Spätzünder Österreich



Immer mehr Investoren entdecken die Austria-Börse. Dafür gibt es zwei Ursachen: Zunächst spielen branchenspezifische Aspekte eine Rolle - immerhin stellen Banken und Immobilien 40 Prozent des ATX. "Die Verluste bei den Banken haben 2014 die durchschnittliche Gewinnentwicklung im gesamten ATX negativ beeinflusst. Mit der Trendwende bei den Finanztiteln hat sich das jetzt dank deren hoher Indexgewichtung ins Positive gekehrt", sagte Erste-Bank-Chefanalyst Fritz Mostböck. "Weil die Gewinnprognosen bei einigen österreichischen Firmen zuletzt weiter nach oben angepasst wurden, wird dieser Hebel oben über 2015 hinaus als Kurstreiber fortbestehen." Sein Fazit: Dank der sich beschleunigenden Gewinndynamik bleiben etliche Firmen weiterhin attraktiv bewertet.

Die vergleichsweise niedrige Marktkapitalisierung österreichischer Firmen ist ein weiterer Grund dafür, dass Anleger den ATX für sich entdecken. Als die europäischen Leitindizes im Frühjahr 2015 neue Rekordstände erklommen und die darin enthaltenen Titel immer teurer wurden, rückten neben günstigeren Nebenwerten auch kleinere Börsenschauplätze wie der Wiener Aktienmarkt in den Fokus. In Summe kommen sämtliche im ATX versammelten Firmen lediglich auf einen Börsenwert von etwa 85 Milliarden Euro - knapp so viel wie der aktuelle DAX-Spitzenreiter SAP.



Ein großer Pluspunkt für die Börse Wien ist im aktuellen konjunkturellen Umfeld zudem die starke Ausrichtung auf die Absatzmärkte Ost- und Westeuropa. "Die ATX-Konzerne sind bei ihren Absatzmärkten zu 80 Prozent auf diese Region ausgerichtet", sagte Mostböck weiter. Länder wie Polen, Tschechien oder Rumänien setzen die Konsolidierung ihrer Haushalte fort und liefern weiter ein doppelt so hohes Wirtschaftswachstum wie der EU-Durchschnitt. Kriselnde Schwellenländer wie Brasilien, China oder Russland spielen bei den meisten österreichischen Firmen kaum eine Rolle - eine Ausnahme machen da nur der Ölkonzern OMV und die Raiffeisenbank International.

Analysten und Fondsmanager halten den österreichischen Markt übereinstimmend für moderat bewertet. Laut Aktienstratege Gerhard Schwarz von der Baader Bank gilt das vor allem für Nebenwerte: "Deren Outperformance kann sich fortsetzen, wenn die Profitabilität in der Breite weiter zulegt. Aktuell verdient der österreichische Markt mit einer Eigenkapitalrendite von acht Prozent seine Eigenkapitalkosten."

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Zahlreiche Nischenplayer



Spannend für Anleger sind vor allem die Firmen, die erst ab 2016 ihre Gewinndynamik entfalten. Es empfiehlt sich dabei ein Mix defensiver Investments mit einer hohen Dividendenrendite. Globale Player wie der von BÖRSE ONLINE wiederholt empfohlene Anlagenbauer Andritz sind für konjunkturelle Schwankungen weniger anfällig. Wir bekräftigen unsere Kaufempfehlung hierfür ebenso wie für den Leuchtenhersteller Zumtobel.

Fünf weitere Wertpapiere gehören für uns ins Österreich-Portfolio: Das Immobilienunternehmen CA Immobilien verzeichnete zuletzt wieder deutlich steigende Gewinne. Die Aktie notiert derzeit ein Viertel unter ihrem Buchwert. Ist das Schlussquartal 2015 wie erwartet stark ausgefallen, sollte eine deutlich höhere Dividende herausspringen.

Starke Bilanzkennziffern und eine global starke Position machen den Faltschachtelhersteller Mayr-Melnhof Karton zu einem absoluten Top Pick. Neuen Schwung im operativen Geschäft verspricht die im Oktober zugekaufte Firma Alliora, Produzent von Faltschachteln für die Pharma- und Kosmetikindustrie. Auch der Flughafen Wien birgt Potenzial. Die Jahresziele wurden bereits im September erreicht, das Management hob die Gewinnprognose an.



Faserhersteller Lenzing profitiert vom Sparprogramm und wieder anziehenden Preisen von Viskosefasern. Künftig will sich der Spezialist von Fasern für die Bekleidungsindustrie stärker auf Spezialprodukte konzentrieren und mit höherer Eigenversorgung mit Zellstoffen weiter die Kosten senken. Während die Trendwende im operativen Geschäft bei Lenzing schon im Gange ist, wartet man bei RHI noch auf deren Start. Das Geschäft des Spezialisten für feuerfeste Innenverkleidungen von Schmelzöfen litt unter Währungseffekten und sinkender Nachfrage. Allerdings verbesserte sich die Auftragslage in Märkten wie Indien zuletzt erheblich. Negativszenarien sind in der niedrigen Bewertung eingepreist. Spekulative Anleger bauen erste Positionen auf und erfreuen sich an der knackigen Dividende.