Geht es nach dem berühmten Aktien-Experten Tom Lee von Fundstrat, so brauchen die Aktienmärkte erst einen weiteren Crash, bevor es deutlich nach oben gehen kann. Und diese Kapitulation könnte von einer ungewöhnlichen Stelle ausgehen. 

Für den Experten Tom Lee von Fundstrat stellt sich für alle Investoren vor allem eine wichtige Frage: „Die Hauptfrage ist, warum ein Anleger erwarten sollte, dass die Aktienkurse ab hier steigen sollten, inmitten eines Straffungszyklus der Fed. Und inmitten großer Unsicherheit im Zusammenhang mit dem Russland-Ukraine-Krieg, der die Spannungen an den Finanzmärkten erhöht und inmitten massiver Düsternis von CEOs, Amerikanern und Investoren.“ 

Deswegen geht Tom Lee davon aus, dass es noch ein großes Crash-Event am Aktienmarkt geben muss, damit die Bären ihre letzten Aktien verkaufen und die Stimmung so schlecht ist, dass es von da an nur noch aufwärts gehen kann. In diesem Zusammenhang spricht man von einer Kapitulation an den Märkten. Aber wie könnte diese aussehen? 

So kommt es zu einer Kapitulation am Markt

Für Tom Lee braucht es einen Anstieg des WIX (ein Index, der die Volatilität am Aktienmarkt S&P 500 misst) auf einen Wert von über 40, einen weiteren Abverkauf des Marktes von 20 Prozent und einem "finanziellen Unfall" wie etwa die Pleite eines Hedgefonds. 

„Aber dies ist nicht die einzige ‚Kapitulation‘, die bevorstehen könnte“, argumentiert er in einem Schreiben. „Es gibt andere Formen von ‚Kapitulationen‘, die das Vertrauen der Anleger in ähnlicher Weise stärken könnten, was wiederum zu einer soliden Basis für Aktien führen könnte.“ Und das sind seine drei Szenarien: 

5 Szenarien für eine Kapitulation laut Tom Lee

1. Die Inflationsdaten könnten bald überraschend niedrig ausfallen und die Fed somit von ihrem Weg abbringen, die Zinsen weiter stark zu erhöhen. In diesem Zusammenhang spricht Tom Lee von einer Fed-Kapitulation. 

2. In einem zweiten Szenario könnte die Fed  eine eher ‚inflationstolerante‘ Sichtweise einnehmen.  Dazu zählt die Anerkennung, dass ein Teil der Kerninflation die Enge der Lieferkette und Transportdienste verschuldet und die Anerkennung schwerwiegender Verzögerungen bei Daten wie der CPI-Komponente von Unterkünften/Mieten“. 

3. Aktuell schaffen die Unternehmen in den USA sehr viele Jobs und dadurch einen Lohndruck auf die Inflation. Sollte es aber zu einer "Job-Kapitulation" kommen und es mehr Arbeitslose geben, dann müsste die Fed anders agieren. 

4. Zudem könnte es am Anleihenmarkt zu einer Kapitulation der Renditen kommen. Aktuell steigen die Renditen stark und die Kurse sinken. Doch wenn die Zinsen nicht mehr so stark steigen, könnte sich dies umkehren. 

5. Schließlich hat die Anlagestimmung der Experten bereits weitgehend kapituliert. „Die BofA-Fondsmanagerumfrage zeigt, dass institutionelle Anleger Aktien so stark wie seit mehr als 20 Jahren nicht mehr untergewichtet haben“, sagt Tom Lee.

Schließlich fasst der Aktienexperte zusammen: „Es gibt mehrere Wege für Märkte, sich nach oben zu bewegen. Und während die Anleger meist damit rechnen, dass die Aktienmärkte kapitulieren, gibt es auch andere Kapitulationen, die die Vermögenspreise in die Höhe treiben könnten.“