Wenn es um Gazprom geht, sind eher Superlativen angesagt. Kein börsennotiertes Unternehmen auf der Welt besitzt so hohe Gasreserven. Und auch kein Unternehmen der Welt hat ein Pipelinenetz von 160000 Kilometer. Es reicht theoretisch dreimal um die Erde. Und nur wenige Unternehmen werden gemessen and der Gewinnkraft so niedrig bewertet. "Selbst wenn dem Unternehmen die Hälfte des Gewinns, über zu niedrige Preise in den Heimatregionen, vorenthalten wird, handelt es immer noch zu einem KGV von vier", sagt James Montier, vom US-Vermögensverwalter GMO. Sicherlich ist das keine Neuigkeit und die Anleger haben sich an diese großen Abschläge gewöhnt. Allerdings hat sich seit Ende Mai etwas geändert. Der Pipelinedeal mit China wird nicht nur einige tausend Kilometer zu den Leitungen beisteuern, er wird auch die Konzernkassen kräftig füllen.

Das bevölkerungsreichste Land ist unter Druck, die Umweltbelastungen und vor allem den Kohlendioxidausstoß zu begrenzen. Dazu muss die Kohle ersetzt werden. Die eigenen Gasvorräte reichen aber schon heute nicht aus, um die Versorgung zu decken, deshalb importiert das Land heute schon 30 Prozent des Bedarfs. Hauptlieferant ist Turkmenistan. Doch die Lücke wird immer größer werden. Deshalb haben sich die staatliche China National Petroleum und Gazprom auf eine transsibirische Pipeline mit Anbindung an den Nordosten Chinas geeinigt. Ab 2018 soll hier Gas von Gazprom geliefert werden. Bis zu 38 Milliarden Kubikmeter werden es sein. In einer späteren Phase können die Lieferungen auf über 50 Milliarden Kubikmeter steigen. Gazprom wird dabei die Preise berechnen, die der Konzern auch in Europa nimmt. Werden diese Konditionen nur bei der geringeren Liefermenge von 38 Milliarden Kubikmeter hochgerechnet, entspricht allein der Barwert des Chinageschäfts rund 100 Milliarden Dollar. Das ist ungefähr so viel wie Gazprom heute an der Börse bewertet wird. Dort zeigte sich bisher nur eine geringe Wirkung.

Auf Seite 2: Wie Anleger das Aufholpotenzial bei Gazprom heben können

Die Aktie hat sich etwas von ihrem Tief erholt, notiert aber immer noch bei einem Viertel der historischen Höchstkurse. Und das obwohl die Energiepreise vergleichsweise hoch sind. Was bei Gazprom möglich sein kann, zeigt der Vergleich zu ExxonMobil, dem wertvollsten Branchenvertreter. Der ist an der Börse viermal so schwer wie die Russen, hat aber viel geringere Energiereserven im Boden.

Dieses Aufholpotenzial können Anleger natürlich über die Aktie (WKN 903276) heben, die zudem auch noch eine lukrative Dividendenrendite erzielt. Ungeduldigere setzen hingegen auf einen Optionsschein.

Weil die Volatilität der Aktie recht hoch ist, sind klassische Scheine zu teuer. Der Knock-out-Call von Vontobel hebelt Kursgewinne der Aktie mit dem Faktor 4,5. Der Schein bezieht sich auf die Dollarnotiz der ADRs von Gazprom, die in Dollar gehandelt werden. Bei einem Basiskurs von 6,45 US-Dollar beträgt der in Euro umgerechnete Sicherheitsabstand zum Verfall des Scheins mehr als 20 Prozent. Sollte die Aktie bis auf zehn Dollar steigen, was angesichts des Chinadeals gerechtfertigt wäre, würde sich der Schein mehr als verdreifachen. Bei der Spekulation mit dem Optionsschein sollte sicherheitshalber bei einem Aktienkurs des ADR von 7,10 US-Dollar eine Stopp-Marke eingezogen werden. Manchmal haben politische Börsen doch längere Beine.