Die Gespräche mit Vertretern des eigens für Hilfen in der Coronakrise eingerichteten Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) seien fortgeschritten und sollten zeitnah abgeschlossen werden, um die Solvenz des Traditionskonzerns zu sichern. "Es sind noch einige offene Fragen zu klären", sagte ein Konzernsprecher. "Sobald das geschehen ist, könnte der Vorstand zustimmen."

Ob der Lufthansa-Vorstand noch am Donnerstag oder Freitag entscheide, hänge von den noch laufenden Gesprächen ab, sagte der Sprecher. Nach dieser Zustimmung werde der Aufsichtsrat informiert, der zwei Tage Zeit zur Prüfung erhalte. Auch der WSF und die EU-Kommission müssen den Plan absegnen, der außerdem eine Mehrheit auf einer außerordentlichen Hauptversammlung der Lufthansa in einigen Wochen finden muss.

In Politik und bei Experten stieß der Durchbruch auf ein geteiltes Echo. "Durch die Verhandlungen mit dem Bund erhält die Lufthansa eine umfassende Finanzierung, die dem Unternehmen die Chance bietet, nach der Krise wieder dynamisch an den Start zu gehen", lobte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. "Wichtig ist dabei, dass die notwendige Staatsferne erhalten bleibt und keine Halbverstaatlichung stattfindet." Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch forderte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland Nachverhandlungen und Einfluss des Staates. "Mit seinem Engagement müsste der Bund also Herr im Unternehmen sein, statt mutmaßlich stiller Beteiligter." Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte der Funke Mediengruppe, für Staatshilfe müsse es "ökologische Bedingungen" geben. FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sagte, "Staatsinterventionismus und politische Unternehmenslenkung" seien das falsche Rezept.

"HÖCHSTE ZEIT"


"Es ist höchste Zeit, dass der politische Poker in Berlin ein Ende findet", kommentierte Daniel Röska, Branchenanalyst von Bernstein Research den Zwischenstand der Verhandlungen. Der Geldschwund habe bei der Airline-Gruppe durch den weitgehenden Stillstand des Luftverkehrs bedrohliche Ausmaße angenommen. Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte erklärt, das Unternehmen mache stündlich eine Million Euro Verlust. Im Zuge der Coronavirus-Pandemie kam der internationale Luftverkehr praktisch zum Erliegen. Ohne staatliche Finanzspritze droht der Lufthansa nach eigener Darstellung die Insolvenz.

Die Verhandlungen hatten sich wegen eines Streits über das Ausmaß des staatlichen Einflusses auf das Unternehmen mehrere Wochen lang hingezogen. In der Bundesregierung setzte sich die SPD für eine Sperrminorität von 25 Prozent plus einer Aktie an der Lufthansa ein, um angesichts der hohen Summe öffentlicher Mittel Kontrolle ausüben zu können. Die Unionsparteien stellten sich hinter die Lufthansa, die sich gegen eine Einmischung der Politik in das Unternehmen wehrte.

Der Kompromiss sieht eine direkte Beteiligung des Staates in Höhe von 20 Prozent sowie eine Wandelanleihe von fünf Prozent plus eine Aktie vor. Die Anleihe soll nur in Aktien umgetauscht werden, wenn ein Dritter versuchen sollte, die Lufthansa zu übernehmen. Nur in solchen Ausnahmefällen würde der Staat sein Stimmrecht ausüben. Der Bund soll zudem zwei Sitze im Aufsichtsrat bekommen. Laut "Handelsblatt" sollen das aber keine Personen aus der Politik, sondern aus der Wirtschaft sein.

AUCH IN ÖSTERREICH UND BELGIEN WIRD VERHANDELT


Über eine Kapitalerhöhung zum Nennwert je Aktie von 2,56 Euro kommt der Staat den Plänen zufolge in Besitz der Aktien. Damit würden die bestehenden Aktien um 25 Prozent verwässert, erklärte Analyst Röska. Der Lufthansa zufolge gibt es aber auch noch die Option eines Kapitalschnitts, um einen noch niedrigeren Einstiegspreis zu ermöglichen. Das würde für die Aktionäre noch höhere Einbußen ihres Investments bedeuten, das durch die Krise schon einen Kursrutsch um über 50 Prozent erlitten hat. Die Anteilseigner müssen der Kapitalerhöhung auf einer außerordentlichen Hauptversammlung zustimmen.

Das Aktienpaket von bis zu 25 Prozent würde bei einem Ausgabekurs von 2,56 Euro nur rund 400 Millionen Euro ausmachen. Der überwiegende Teil des Rettungspakets soll sich aus drei Milliarden Euro Darlehen der Förderbank KfW und einer stillen Einlage zusammensetzen. Konditionen dazu nannte die Lufthansa nicht. Die Staatsbeteiligung ist laut Lufthansa mit Auflagen verbunden - etwa einem Verzicht auf künftige Dividendenzahlungen und Begrenzungen bei der Management-Vergütung. Beides hat das Unternehmen für 2020 schon beschlossen.

Der Konzern verhandelt für die Töchter Austrian Airlines (AUA) und Brussels Airlines noch mit den Regierungen Österreichs und Belgiens. Die AUA spricht mit der Regierung in Wien über 767 Millionen Euro. Nach der Einigung mit dem fliegenden Personal verständigte sich die AUA am Donnerstag auch mit dem Bodenpersonal über Einschnitte. Insgesamt schultern die 7000 Mitarbeiter damit etwa 80 Millionen Euro Einsparungen pro Jahr, das reduziere die Personalkosten um zwanzig Prozent, erklärte die Airline.

Bei Brussels geht es einem Insider zufolge um 390 Millionen Euro. Die Schweiz sagte für die Airlines Swiss und Edelweiss bereits Kreditgarantien für umgerechnet bis zu 1,4 Milliarden Euro zu. Die Beiträge der anderen Länder sollten nach früheren Informationen aus Verhandlungskreisen von dem Neun-Milliarden-Paket abgezogen werden.

rtr