Konjunktursorgen und Billig-Importe von Stahl aus China bremsen Thyssenkrupp. Der Mischkonzern wagte nach einer Gewinnsteigerung im vergangenen Geschäftsjahr 2014/15 nur einen verhaltenen Ausblick. "Sorge bereiten uns wachsende Unsicherheiten bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie der hohe Importdruck auf den Werkstoffmärkten vor allem aus Asien" räumte Konzernchef Heinrich Hiesinger am Donnerstag in Essen ein: "Wir halten einen vorsichtigen Blick auf das Geschäftsjahr 2015/2016 für geboten." Hiesinger will nun weiter auf die Kostenbremse treten. In Zukunft will er aber die Früchte des Konzernumbaus einfahren, für den es noch vor vier Jahren um die Existenz ging. "Mittelfristig" solle der operative Gewinn auf über zwei Milliarden Euro steigen.

"Von unserem Mindestanspruch sind wir noch ein gutes Stück entfernt", bilanzierte Hiesinger. Im Geschäftsjahr 2014/15 (per Ende September) steigerte der Industriekonzern dank besserer Ergebnisse im Aufzugs- und hoher Einsparungen im Stahlgeschäft den operativen Gewinn (bereinigtes Ebit) um 26 Prozent auf 1,67 Milliarden Euro. Im neuen Geschäftsjahr peilt Hiesinger nun einen Wert zwischen 1,6 und 1,9 Milliarden Euro an. Der Essener Konzern startete verhalten ins neue Geschäftsjahr: Im ersten Quartal erwartet Thyssenkrupp einen Rückgang des operativen Ertrags - vor allem wegen schleppender Geschäfte im Stahlbereich. Auswirkungen auf das Geschäft im Gesamtjahr könnte auch die Abgas-Krise um Volkswagen haben. Über 1,5 Milliarden Euro Umsatz macht ThyssenKrupp mit den Wolfsburgern. Künftig könnte VW "Preisdruck" auf Zulieferer ausüben, sagte Hiesinger.

Die Aktionäre sollen für das vergangene Jahr eine Dividende von 15 Cent je Aktie erhalten - vier Cent mehr als zuletzt. Hier hatten von Reuters befragte Analysten mit 21 Cent gerechnet. "Die Dividende kann uns mittelfristig nicht zufrieden stellen", räumte Hiesinger ein. Es sei aber ein Schritt in die richtige Richtung. Der Überschuss nach Anteilen Dritter kletterte um 46 Prozent auf 309 Millionen Euro. Diesen Wert will Hiesinger im laufenden Jahr deutlich steigern.

Bei den Investoren kam das Zahlenwerk an - am Mittag notierten Thyssenkrupp-Aktien mit einem Plus von über drei Prozent bei 19,74 Euro und zählten damit zu den größten Gewinnern im Dax. Offensichtlich würden die Zahlen höher gewichtet als der vorsichtige Ausblick, sagte ein Börsianer.

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"Wir haben geliefert, was wir versprochen haben", sagte Hiesinger. Größter Gewinnbringer war die Aufzugssparte. Die europäische Stahlsparte konnte ihr Ergebnis mehr als verdoppeln. Sie profitierte jedoch vor allem von Sparmaßnahmen und niedrigeren Rohstoffpreisen. Der Schwerindustrie machen der Preisdruck und die Billigimporte aus China zu schaffen, Konkurrent Voestalpine musste sich jüngst von seiner Jahresprognose verabschieden. Im amerikanischen Stahlgeschäft, das Thyssenkrupp früher Milliardenverluste bereitete, sei der Fehlbetrag unter anderem wegen negativer Wechselkurseffekte mit 138 Millionen Euro schlechter als vor Jahresfrist ausgefallen.

Hiesinger war 2010 von Siemens zu Thyssenkrupp gewechselt und hatte Anfang 2011 die Führung übernommen. Er hat seitdem den Konzern stärker auf das Technologiegeschäft mit Aufzügen, Maschinen, Autoteilen oder U-Booten und weniger auf das früher dominante Stahlgeschäft ausgerichtet. Zudem trimmt er Thyssenkrupp auf Profit - allein im laufenden Jahr soll es Einsparungen in einer Höhe von rund 850 Millionen Euro geben. Diese sollten dem Konzern helfen - "gerade auch dann, wenn wir von der Konjunktur keinen Rückenwind erwarten dürfen".

Reuters