Die Aktie des kalifornischen Biotechs Gilead Sciences hat trotz Verkaufspanik an den Börsen zugelegt. Der Grund: Remdesivir. Der Wirkstoff gilt als Favorit für die Zulassung des ersten Medikaments, das gegen die vom Coronavirus SARS-CoV-2 verursachte Atemwegserkrankung Covid-19 helfen und Todesfälle verhindern könnte. Insgesamt fünf klinische Studien laufen derzeit in China und den USA. Erste relevante Ergebnisse will Gilead bis April präsentieren. Dass die Firma vom Erfolg von Remdesivir überzeugt ist, untermauert die Tatsache, dass sie bereits zweistellige Millionenbeträge in den Aufbau von Produktionskapazitäten investiert hat, um nach einer Zulassung die zeitnahe globale Auslieferung des Mittels zu gewährleisten.

Temporärer Gewinnschub

Im Erfolgsfall könnte das Produkt für Milliardeneinnahmen sorgen. "Wer Vorreiter mit dem ersten zugelassenen Therapeutikum ist, wird so lange hohe Umsätze erzielen, bis konkurrierende Produkte oder später dann wirksame Impfstoffe auf den Markt kommen", sagt Mario Linimeier, Geschäftsführer und Fondsmanager bei der Investmentfirma Medical Strategy. "Spätestens wenn sich prophylaktische Produkte wie Impfstoffe etabliert haben, wird die Nachfrage für Therapeutika zur Akutbehandlung absinken", so der Experte weiter.

Etliche Firmen wie die in den letzten zwei Ausgaben von BÖRSE ONLINE vorgestellten Novavax und Inovio Pharma arbeiten an Impfstoffen, die auf unterschiedliche Weise das Immunsystem gegen eine Coronavirus-Infektion aktivieren. Bis eines dieser Produkte die Marktzulassung erhält, werden nach Einschätzung von Experten aber noch mindestens 18 bis 24 Monate vergehen.

Das bedeutet: Die Erlöse für Gilead mit Remdesivir sind temporär und werden nicht an den Umsatzsprung mit den Hepatitis-C-Mitteln heranreichen, der die Aktie 2015 auf ihr Allzeithoch katapultierte. Um langfristig neue Einnahmequellen zu erschließen, sollen Zukäufe die eigene Forschung ergänzen, insbesondere in der Krebsmedizin. Dazu zählt beispielsweise die Akquisition der US-Firma Forty Seven, die Gilead vor zwei Wochen bekannt gab. Für 4,9 Milliarden US-Dollar sichert sich Gilead damit den Zugang zu Leukämie- therapien.

Kurz- und mittelfristig sollte eine Zulassung von Remdesivir die Aktie in deutlich höhere Kursregionen abheben lassen. Weil Gilead stabile Gewinne und Cashflows erwirtschaftet, ist das Rückschlagsrisiko begrenzt, sollte Remdesivir am Ende floppen.