Um es überhaupt an den Aktienmarkt zu schaffen, mussten GFG und die begleitenden Banken Goldman Sachs, Morgan Stanley und Berenberg tief in die Trickkiste greifen: Die Zeichnungsfrist wurde um drei Tage verlängert und der Preis der Aktien auf 4,50 Euro von ursprünglichen sechs bis acht Euro gesenkt. Zudem stützten die beiden Großaktionäre, die Startup-Investoren Rocket Internet und Kinnevik, die Emission, indem sie GFG-Aktien für zusammen 110 Millionen Euro zeichneten. Letztendlich brachte der Börsengang nur knapp 200 Millionen Euro statt der ursprünglich erhofften fast 400 Millionen ein. Das Geld will GFG in Ausbau und Modernisierung seiner Lagerhäuser sowie in Technolgie stecken. Zum Ausgabepreis wurde das Unternehmen mit rund 900 Millionen Euro bewertet.

Die 2011 gegründete GFG mit Sitz in Luxemburg betreibt Internet-Modeauftritte wie Lamoda in Russland, Dafiti in Südamerika und Zalora in Südostasien und will damit den Erfolg von Zalando in Deutschland wiederholen. Bei einem Umsatz von 1,16 Milliarden Euro erwirtschaftete die GFG 2018 einen Verlust von 202 Millionen Euro. Schwarze Zahlen sind vorerst nicht in Sicht, Wachstum genießt Priorität. "Wir werden in den nächsten Jahren die Gewinnzone erreichen", sagte Co-Chef Patrick Schmidt der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir nennen aber kein konkretes Jahr, weil wir eine gewisse Flexibilität haben wollen, um die Wachstumschancen soweit auszureizen wie wir das für richtig halten." Mit zuletzt knapp zwölf Millionen Kunden habe GFG im vergangenen Jahr erst ein Prozent der möglichen Kunden beliefert. Das Potenzial sei also noch groß.

MAUES BÖRSENJAHR

GFG war nach der VW-Tochter Traton erst der zweite klassische Börsengang im streng regulierten Prime Standard der Deutschen Börse in diesem Jahr. Dabei sieht das Umfeld auf den ersten Blick gar nicht so schlecht aus - der Leitindex Dax hatte am Montag mit 12.619,68 Punkten das höchste Niveau seit fast einem Jahr erreicht. Doch angesichts des Zollstreits zwischen den USA und China sowie der Konjunktursorgen scheuen Anleger das Risiko, die Handelsvolumina sind niedrig. Entsprechend schwer tun sich die Börsenkandidaten in Deutschland.

Die Hoffnung, dass Traton das Eis brechen könnte, ist verfolgen. Volkswagen machte bei Traton kräftige Zugeständnisse an die Investoren und gab die Aktien mit 27 Euro am unteren Ende der Preisspanne aus. Dennoch fielen die Papiere bereits am ersten Handelstag vergangenen Freitag unter den Ausgabepreis und notierten am Dienstag mit 26,82 Euro weiterhin unter der Marke.

Im Ausland sieht es besser aus. Der US-Brauereikonzern Anheuser-Busch kündigte am Dienstag an, sein Asien-Geschäft an die Hongkonger Börse zu bringen. Mit einem Erlös von bis zu 9,8 Milliarden Dollar könnte es der weltweit größte Börsengang in diesem Jahr werden. Bislang führt der US-Fahrdienstvermittler Uber mit Einnahmen von 8,1 Milliarden Dollar die IPO-Rangliste 2019 an.

rtr