In Deutschland sind wir nach gut fünf Jahren Hausse noch immer weit entfernt von einem boomenden Markt für Aktien-Neuemissionen. Manche Marktteilnehmer mögen das bereuen, als untrügliches Zeichen für eine überhitzende Börse können seriöse Anleger darauf aber gerne verzichten. Anders gestaltet sich allerdings in dieser Hinsicht die Lage in den USA. Dort boomt das Geschäft mit Neuemissionen regelrecht und in einigen Fällen stellt sich die Frage, ob das, was da passiert, noch gesund ist.

Stark spekulativ angeheizt scheint beispielsweise das, was gerade bei der Aktie von GoPro Inc. (WKN: A1XE7G, 43,30 Dollar, 31,802 Euro) abläuft. Gut, mit wasserdichten und stoßsicheren Action-Videokameras, die es dem Zeitgeist entsprechend den Bedienern ermöglichen zur Schau zu stellen, was für ein tolles Leben sie führen, treffen die hauseigenen Produkte den Geschmack der Facebook-Generation. Die im Vorjahr verkaufte Stückzahl der erst im Juli 2009 auf den Markt gebracht HD-Version der Kamera wurde im Vorjahr immerhin auch mehr als 3,8 Millionen Mal verkauft. Laut NPD Group’s Retail Tracking Service stellte man damit sowohl gemessen an den Stückzahlen als auch am Umsatz den meistverkauften Camcorder in den USA. Zudem kletterte der von den HERO-Kameras erreichte US-Marktanteil 2013 von elf Prozent auf 45 Prozent.

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Gewinn im ersten Quartal gesunken

Wie dem Emissionsprospekt ebenfalls zu entnehmen ist, wurde im Geschäftsjahr 2013 ein Umsatz von 985,7 Millionen Dollar erzielt, nach 526 Millionen Dollar im Jahr 2012. Doch in den ersten drei Monaten 2014 sank der Umsatz demnach sogar von 255 Millionen auf 235,7 Millionen Dollar. Beim Nettogewinn, der im Vorjahr noch von 32,3 Millionen auf 60,6 Millionen Dollar gestiegen war, ergab sich außerdem ein Rückgang im ersten Quartal 2014 von 23,04 Million auf 11,05 Millionen Dollar. Die Gewinnmarge, wenngleich noch immer ähnlich hoch wie bei Apple, ist somit zuletzt gesunken und gleichzeitig die Lagerbestände gestiegen.

Dem Interesse an der Aktie hat dieser Ergebnisdämpfer nicht geschadet. Mit 24 Dollar wurde der Titel vielmehr bereits am oberen Rand der Angebotsspanne an den Markt gebracht und nach nur neun Handelstagen steht inzwischen ein stolzes Plus von gut 80 Prozent angeschrieben. In der Spitze hatte sich die Notiz mit 49,90 Dollar sogar kurzzeitig schon mehr als verdoppelt. Die Begeisterung lässt sich auch daran ablesen, dass der Titel in der Vorwoche an der Stuttgarter Börse unter den Auslandsaktien die meisten Preisfeststellungen hatte und somit selbst Größen wie Apple hinter sich gelassen hat. Für die Bewertung des Unternehmens bedeutet das unter Berücksichtigung der Vorjahreszahlen folgendes: Das Kurs-Umsatz-Verhältnis bewegt sich beim aktuellen Börsenwert von 5,33 Milliarden Dollar bei 5,4 und das KGV bei 92,1 (Gewinn je Aktie von 0,47 im Jahr 2013). Man muss kein Börsen-Guru sein, um zu dem Schluss zu kommen, dass dies bereits sehr hohe Bewertungskennziffern sind.

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Vision Medienkonzern

Erklären lässt sich der Hype rund um den Titel wie so oft in solchen Fällen mit viel Phantasie und großen Hoffnungen. Eine der wichtigsten Visionen, welche die Aktie von GoPro antreibt, ist die Option, durch eine Kooperation mit Spitzenathleten aus dem Bereich Action-Sport Videos zu drehen, die sich gewinnbringend vermarkten lassen. Die ersten Gehversuche in dieser Hinsicht bringen bei den einschlägigen Medienkanälen wie YouTube auch erstaunliche Zugriffsraten. Nicht zuletzt über Werbeeinnahmen, die noch in diesem Quartal anfangen sollen zu sprudeln, lassen sich damit hohe Umsätze und Gewinne generieren, so die Hoffnung. Einige Optimisten sehen GoPro, dessen Produkte inzwischen in mehr als 100 Ländern angeboten werden, über diese Schiene bereits vor dem Aufstieg zu einem großen Medienkonzern.

Skeptiker werden solchen Überlegungen vielleicht trocken mit dem Spruch begegnen, "wer Visionen hat, der sollte zum Arzt gehen". Doch vermutlich würde dieser Schluss etwas zu weit gehen. Denn irgendwie zu Geld machen lässt sich die Geschichte bestimmt. Trotzdem stellt sich die Frage, ob zum jetzigen Zeitpunkt schon so eine hohe Bewertung gerechtfertigt ist oder ob die Anleger mit ihren Käufen nicht etwas voreilig über die Stränge schlagen. Aus unserer Sicht stecken aktuell schon etwa zu viele Hoffnungen im Kurs. Wenn es anders wäre, hätten die Beteiligten den Preis beim Börsengang sicherlich gleich höher angesetzt und Gründer und Vorstandschef Nicholas Woodman hätte vermutlich nicht wenige Tage nach der Erstnotiz fünf Millionen eigene Aktien verkauft. Zumindest wissen sollte man als Anleger außerdem, dass Woodman dank eines Mehrfachstimmrechts der von ihm gehaltenen Aktien noch immer die Stimmrechtsmehrheit besitzt, obwohl sein Aktienanteil inzwischen unter 50 Prozent liegt.

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Quartalszahlen beachten

Um eine Kurskorrektur zu verhindern, darf auf dem aktuellen Niveau vermutlich nicht viel schief gehen. Zu berücksichtigen sind bei diesem Urteil auch die relativ geringen Markteintrittsbarrieren und da kein Patentschutz für Action-Kameras existiert, gibt es auch bereits Konkurrenzprodukte, die günstiger angeboten werden. Zudem ist das Marktsegment nicht unendlich groß und es stellt sich auch die Frage, wie oft man sich beispielsweise einen Surfer beim Ausüben seines Sports weitere Male ansehen wird, auch wenn die Welle noch so perfekt ist.

Damit es der GoPro-Aktie nicht ähnlich wie der vom Kursnachrichtendienst Twitter geht, die nach dem Börsengang zunächst ebenfalls stark gestiegen, dann aber abgestürzt ist, muss der Neuling die luftige Bewertung mit überzeugenden Geschäftszahlen unterfüttern. Der nächste wichtige Prüfstein werden die Quartalsergebnisse für das zweite Quartal werden. Der Termin dafür steht zwar noch nicht fest, abhängig davon, wie die Zahlen ausfallen, dürfte die Euphorie aber entweder weiter angeheizt werden oder Ernüchterung einsetzen. Wegen der skizzierten hohen Bewertungsrelationen dürfte das sich Chance-Risiko-Verhältnis klar in Richtung Risiko bewegen. Ob es zu einem Happyend für den Börsen-Film von GoPro reichen wird, bleibt deshalb abzuwarten.