"Endlich können wir weißen Rauch aufsteigen lassen", sagte ein Regierungsvertreter am Dienstag in Athen. Die EU-Kommission bestätigte die Einigung auf Expertenebene, die am Freitag den Euro-Finanzministern vorgelegt werden soll. Anschließend liegt der Ball beim Bundestag, wo es in der Union weiter rumort.

Die Grundsatzeinigung beflügelte die arg gebeutelte Athener Börse. Der Bankenindex kletterte in der Spitze um 10,6 Prozent, der Leitindex gewann 2,6 Prozent.

"Es wurde eine Einigung erzielt", sagte der Vertreter des griechischen Finanzministeriums nach einer 18-stündigen Verhandlungsrunde mit der Europäischen Zentralbank (EZB), dem Internationalen Währungsfonds (IWF), der EU-Kommission und dem Euro-Schutzschirm ESM. Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte, einige Details seien noch zu klären, ohne diese zu benennen. Am Nachmittag sollten die Vize-Finanzminister aller 28 EU-Staaten in einer Telefonkonferenz informiert werden. Außerdem wollte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker mit Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Francois Hollande telefonieren.

Der Programmentwurf muss vom griechischen und anderen nationalen Parlamenten gebilligt werden, darunter der Bundestag. Vorher darf Finanzminister Wolfgang Schäuble formell nicht zustimmen. Dazu müsste der Bundestag voraussichtlich in der kommenden Woche trotz Sommerpause zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Die Zeit drängt, weil die Regierung in Athen bei der EZB bis zum 20. August Staatsanleihen im Wert von 3,2 Milliarden Euro auslösen muss. In zwei Hilfspaketen hat das seit 2010 vom Kapitalmarkt abgeschnittene Land bereits rund 240 Milliarden Euro bekommen.

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BUNDESREGIERUNG WILL IN RUHE PRÜFEN



Griechenlands Finanzminister Euklid Tsakalotos sagte, es seien noch ein, zwei kleinere Details zu klären. Die Sprecherin der EU-Kommission zeigte sich zuversichtlich, dass dies noch am Dienstag gelingen werde. Das Bundesfinanzministerium äußerte sich zunächst zurückhaltend. Finanzstaatssekretär Jens Spahn sagte Reuters, eine Vereinbarung müsse für die nächsten Jahre tragen, nicht nur für ein paar Monate. Außerdem sei es wichtig, dass der IWF an Bord bleibe. "Wir werden das Ergebnis aus Athen nun in den nächsten Tagen sorgfältig prüfen", sagte Spahn.

In der Nacht hatten griechische Regierungsvertreter bereits als Zwischenergebnis verkündet, dass man sich auf Budgetziele verständigt habe. Das Land solle für 2016 einen Primärüberschuss - also einen Haushaltsüberschuss ohne Schuldenzahlungen - von 0,5 Prozent erzielen und 2017 von 1,75 Prozent. Später einigte man sich dann nach Angaben aus Regierungskreisen auch in anderen zentralen Fragen, wie der Funktionsweise des Fonds, über den rund 50 Milliarden Euro an Erlösen aus Privatisierungen erzielt werden sollen, sowie auf den Umgang mit faulen Krediten in den Bilanzen der griechischen Banken, die Kapitalhilfen brauchen. Sie sollen mit zehn Milliarden Euro kurzfristig gestützt werden.

Vor allem in der Unions-Fraktion im Bundestag dürften die neuen Milliardenhilfen für Athen kritisch begutachtet werden. 60 CDU/CSU-Abgeordnete hatte gegen die Aufnahme von Verhandlungen gestimmt - ein Viertel der Fraktion. Deren Chef Volker Kauder hatte daraufhin Disziplin angemahnt und damit einen Streit über die Freiheit von Abgeordneten losgetreten.

"Die EU geht erneut eine hohe Wette ein", sagte Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy, dessen Parlament ebenfalls kommende Woche abstimmen muss: "Hoffen wir, dass damit ein für alle Mal die Dinge wieder zur Normalität zurückfinden."

Reuters