Krise? Welche Krise? Während sich weltweit die Signale eines Wirtschaftsabschwungs verdichten, läuft das Geschäft des Münchner IT-Dienstleisters Cancom prächtig: Im ersten Halbjahr legte der bereinigte operative Gewinn (Ebit) um mehr als 16 Prozent zu. Für das Gesamtjahr stellt der Vorstand "bei allen Prognosekennzahlen einen sehr deutlichen Zuwachs" in Aussicht.

Cancom hat zwei im aktuellen Umfeld besonders wertvolle Vorteile: Als IT-Dienstleister profitiert die Firma von der ­Digitalisierung der Wirtschaft. Unternehmen rüsten ihre Systeme auf, weil sie dadurch effizienter arbeiten und Kosten sparen können. Außerdem macht Cancom den größten Teil seiner Geschäfte in Deutschland. Die aktuellen Angstthemen - Handelsstreit, Brexit, Wirtschaftsabkühlung - sind für das Unternehmen relativ weit entfernt.

Die Globalisierung der Welt, vor allem der rasante Aufstieg Chinas, ist auch für die deutsche Wirtschaft ein wichtiger Wachstumstreiber. Schon das dritte Jahr in Serie ist das rote Riesenreich der größte Handelspartner der Bundesrepublik. Allein im vergangenen Jahr wurden Waren im Wert von 199 Milliarden Euro zwischen den beiden Staaten bewegt. Viele deutsche Unternehmen haben vom Aufstieg des Drachen profitiert, Aktienkurse von Firmen wie Volkswagen und BASF sind auch darum kräftig gestiegen. Der Boom aber kühlt ab.

Angeführt wird die Attacke der Globalisierungsgegner von Donald Trump. Ab September könnte der US-Präsident neue Schutzzölle auf Waren verhängen, die aus China in die USA ­geliefert werden. Sollte das die Wirtschaft schwächen, würden auch deutsche Firmen in die Krise hineingezogen werden.

Das Leid der Anleger


Schon jetzt ist der Schaden für Aktionäre enorm, das sieht man nicht nur an der Schwäche des DAX. Die Investmentbank Mor­gan Stanley hat einen Korb mit europäischen Aktien zusammengestellt, für die China besonders wichtig ist. Darunter sind neun Titel aus Deutschland, vor allem aus der Automobil- und Chemieindustrie. Diese deutschen China-Stars haben über die vergangenen sechs ­Monate mehr als zwölf Prozentpunkte auf den HDAX verloren. Besonders kräftig unter die Räder gekommen sind Wacker Chemie und Covestro. Richtig überzeugt von den deutschen China-Aktien haben dagegen Adidas und Lanxess.

Sollten Anleger lieber auf Unternehmen setzen, die das Geschäft im europäischen Binnenmarkt machen? Ganz so einfach ist es nicht, weil einige Branchen ganz spezielle Probleme haben. Die TV-Sender ProSiebenSat.1 und RTL Group beispielsweise, die ihr Hauptgeschäft in Deutschland haben, werden von der wachsenden Konkurrenz aus dem Internet bedrängt. Telekomkonzerne wie 1 & 1 Drillisch müssen die hohen Kosten für den Aufbau des 5G-Netzes stemmen. Das Geschäft der Lufthansa ist extrem zyklisch, die Airline an der Börse darum meist einer der ersten Verlierer einer Wirtschaftskrise.

Einige Nischen gibt es dennoch: Der Energiekonzern RWE macht sein Geschäft fast ausschließlich in Deutschland und bedient als Versorger Grundbedürfnisse seiner Kunden. Das stützt das Geschäft in schweren Zeiten.

Ähnlich sieht es bei der Optikerkette Fielmann aus: Mehr als 80 Prozent des Umsatzes erzielen die Hamburger in Deutschland, den Rest in den europäischen Nachbarländern. Die Nachfrage nach Sehhilfen ist weitgehend unabhängig von der Konjunkturlage.

Auf gute Laune setzt CTS Eventim: Der Konzertveranstalter und Ticketvermarkter hat es in wirtschaftlich guten Zeiten einfacher, die oft sehr teuren Eintrittskarten abzusetzen. Eine Analyse des Bankhaus Lampe allerdings zeigt, dass die Geschäfte der Konzertveranstalter kaum von der Konjunkturlage abhängen. Ein attraktives Angebot habe mehr Gewicht als das wirtschaftliche Umfeld, vorausgesetzt, es gebe keine scharfe Krise. Echte Musikfans lassen sich den Spaß halt nicht so leicht verderben.

Investor-Info

Cancom
Im richtigen Markt


Der auf den Mittelstand fokussierte IT-Dienstleister profitiert von der Digitalisierung der Wirtschaft. Im Cloud-Geschäft sind die Münchner mit ihrem Netz aus eigenen Rechenzentren gut positioniert. Im ersten Halbjahr haben vor allem die Gesundheitsbranche, aber auch die öffentliche Hand stark in IT investiert, berichtet das Unternehmen. Analysten erwarten, dass der operative Gewinn bei Cancom in den kommenden Jahren um jeweils rund 15 Prozent steigen wird.

Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 58,00 Euro
Stoppkurs: 39,00 Euro

CTS Eventim
Marge mit Musik


Als Konzertveranstalter erzielt CTS den größten Teil seines Umsatzes, der operative Gewinn kommt dagegen vor allem aus dem ­Ticketverkauf. Dort steigen die Margen, weil Kunden zunehmend über das Internet ordern. Regionaler Schwerpunkt des Geschäfts ist Deutschland, CTS expandiert aber auch im Ausland. Derzeit laufen Verhandlungen über einen Einstieg beim französischen Vermarkter France Billet. Die Halbjahreszahlen von CTS fielen gut aus.

Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 52,00 Euro
Stoppkurs: 35,00 Euro

Fielmann
Zuverlässige Dividende


Die Optikerkette ist in Deutschland klarer Marktführer und kann darum Größenvorteile ausspielen. Die Hamburger Firma expandiert inzwischen auch in das benachbarte Ausland. Wichtiger Wachstumstreiber bleibt die Alterung der Bevölkerung, durch die immer mehr Menschen Sehhilfen brauchen. Auch Sonnenbrillen, Kontaktlinsen und Hörakustik gehören zum Sortiment. Fielmann muss investieren, um seine Filialen zu modernisieren. Das Geschäftsmodell ist aber relativ krisenfest. Nebenbei zahlt Fielmann zuverlässig Dividende.

Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 70,00 Euro
Stoppkurs: 47,00 Euro