Das klingt zu schön, um wahr zu sein: Ohne Abzug der Abgeltungsteuer haben die Aktionäre des IT-Hauses All for One Steeb schon im März 70 Cent an "steuerfreien" Dividenden kassiert, die Aktionäre von LS Telcom zehn Cent. An den Anführungsstrichen kann man allerdings schon erahnen, dass es mit der Steuerfreiheit dieser Zahlungen vielleicht doch nicht so weit her ist, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat. Wie so häufig gilt auch hier die alte Juristenweisheit: Es kommt ganz darauf an.

Bei den sogenannten steuerfreien Dividenden handelt es sich genau genommen nicht um Ausschüttungen aus dem operativen Gewinn eines Unternehmens. Sie werden vielmehr aus den Kapitalrücklagen des steuerlichen Einlagenkontos gemäß Paragraf 27 Körperschaftsteuergesetz ausgezahlt, die das Unternehmen gebildet hat. Wirklich steuerfrei ist diese Dividende nur für Anleger, die ihre Anteilscheine bereits bis Ende 2008 - und somit vor dem Start der Abgeltungsteuer - ins Depot genommen haben.

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Oft nur Stundungseffekt

Wer die Papiere dagegen ab 2009 erworben hat, muss eine zeitlich verlagerte indirekte Besteuerung dieser Dividenden hinnehmen. Denn es gilt eine steuerliche Besonderheit bei diesen Ausschüttungen: Die deutschen Depotbanken sind verpflichtet, aus Kapitalrücklagen gezahlte Dividenden bei jeder Ausschüttung über die Jahre der Haltedauer des Papiers als Minderung des Einstandskurses fortzuschreiben. Wenn man die Papiere also irgendwann in der Zukunft verkauft, fällt der Verkaufserlös - der Unterschied zwischen An- und Verkaufskurs - wegen dieses Verfahrens größer aus. Sprich: Die Besteuerung der Dividende wird nur aufgeschoben und nicht aufgehoben. Bei längerer Haltedauer kann es sogar zu dem Fall kommen, dass der Einstandskurs negativ wird.

Die Abgeltungsteuer wird beim Verkauf fällig und bezieht sich auf die Differenz von Verkaufspreis und historischem Kaufkurs, der im Fall dieser Wertpapiere um die Dividenden vermindert wurde. Wirklich steuerfrei sind diese Dividenden daher nicht, Anleger profitieren aber von einem Steuerstundungseffekt. Von regulären deutschen Dividenden behält die inländische Depotbank Jahr für Jahr automatisch 25 Prozent Abgeltungsteuer ein, zuzüglich Solidaritätszuschlag und eventuell anfallender Kirchensteuer.

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Alte Bekannte auf der Liste

Eine Reihe von Unternehmen bietet im laufenden Jahr seinen Anlegern noch steuerfreie Dividenden an (siehe Tabelle), wie eine Umfrage von BÖRSE ONLINE ergeben hat. Nicht überall steht deren Höhe schon fest. Im Lauf des Jahres könnten noch weitere Kandidaten hinzukommen, die bislang noch keine Dividendenbekanntmachung veröffentlicht, aber "steuerfreie" Dividenden in der Vergangenheit gezahlt haben. Ein Kandidat ist etwa die Baader Bank; wie es für 2014 aussieht, entscheidet sich aber erst Ende Mai. Die Beko Holding dagegen, die noch 2013 eine "steuerfreie" Dividende zahlte, schüttet für 2014 eine reguläre Dividende aus. Und die DAB Bank dürfte nach der Übernahme durch BNP Paribas laut dem freiwilligen Übernahmeangebot für 2014 wohl gar keine Dividende zahlen. Sicherheit gibt es hier aber erst 30 Tage vor der Hauptversammlung am 29. Mai, wenn die Agenda feststeht.

Auf der Liste für dieses Jahr finden sich aber auch alte Bekannte wie die Deutsche Post oder das Shopping-Center-Unternehmen Deutsche Euroshop. Es hat angekündigt, die Dividende bis 2016 jährlich um fünf Cent auf 1,40 Euro zu erhöhen. "Ein Grund dafür war, dass wir den steigenden steuerpflichtigen Anteil an der Dividende zumindest teilweise ausgleichen möchten", sagt Patrick Kiss, Leiter Investor Relations, "damit unsere Aktionäre netto in etwa das Gleiche erhalten, idealerweise mehr als im Vorjahr."

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