Daraufhin forderten die Behörden Nachbesserungen beim Börsengang von Ant Financial, dem Finanzarm von Alibaba, bekannt durch sein Online-Zahlungssystem Alipay. Die Emission, die 34 Milliarden Dollar einspielen sollte und angeblich Zeichnungsaufträge von einer Billion Dollar auslöste, wurde dann abgesagt. Die geforderten Änderungen, nach denen Ant etwa bei Vermittlung von Krediten mehr Eigenkapital unterlegen müsse, reduzierte die Attraktivität des Geschäftsmodells deutlich. Und damit nicht genug. Aus China kommt zunehmend auch Kritik an Alibaba selbst, etwa wegen unfairen Umgangs mit Verbrauchern und den auf der Plattform angeschlossenen Händlern. Dass die Aktie in diesem Umfeld verloren hat, ist nachzuvollziehen.

Nun ist Ma wieder aufgetaucht und sagt in einem Video, er wolle sich mehr karitativen Aufgaben widmen. Die Aktie startet eine Erholungsrally. Offenbar wird antizipiert, dass sich die Sache normalisieren werde. Kann sein. Doch was, wenn nicht? China will 2021 Finanzvergehen härter ahnden. Angriffspunkte dafür gäbe es bei Alibaba genug. In der Vergangenheit gab es immer wieder Kritik, dass Bilanz und Gewinnermittlung von Alibaba und Ant Financial durch Sondererträge geschönt wären. Erhöht sich der Druck, ist Gefahr im Verzug. Gerade bei chinesischen Firmen, die ihren Sitz außerhalb der Volksrepublik haben, stehen Anleger auf dünnem Eis. Zu den auf dem Festland arbeiteten operativen Töchtern gibt es nämlich keine gesellschaftsrechtliche Beteiligung in der bei uns üblichen Form. Meistens erfolgt die Konsolidierung über eine Firma, die ein Gewinnversprechen Richtung ausländischer Mutter abgibt. Das heißt aber, dass es für Chinas Behörden gesellschaftsrechtlich ein Leichtes wäre, die Verbindung zu den operativen Töchtern zu kappen.

Unser Kolumnist Jörg Lang beschäftigt sich seit 1988 mit dem Thema Aktien.