Das Unternehmen kaufte Krass seine private Beteiligungsfirma Pari Group für 43 Millionen Euro ab. Weil deren Aktivitäten das Geschäft von Centrotec nicht wirklich beleben, vermutete die Redaktion, dass ein unabhängiger Vorstand dieses Geschäft nicht abgeschlossen hätte. Nun wurde klar, was Aufsichtsratschef Krass mit diesem Deal bezweckte. Er will Centrotec von der Börse nehmen. Und die Mittel stammen aus dem Pari-Verkauf. Im Prinzip muss das nicht schlecht sein. Doch Krass übervorteile die freien Aktionäre, monieren Beobachter. Er biete nämlich nur den gesetzlich vorgesehenen Mindestpreis von rund 15,03 Euro pro Aktie. Um das Drohpotenzial hoch zu halten, soll die Aktie auch schnell delistet werden.

Damit nutzt Krass die gesetzlichen Möglichkeiten zum Schaden des Streubesitzes aus. Gesetzgeber und Deutsche Börse sollten Vorgängen wie bei Rocket Internet und nun bei Centrotec unbedingt neue Regelungen entgegensetzen. Es wäre zum Schutz des Streubesitzes und auch der Aktienkultur in Deutschland geboten, dass ähnlich wie bei einem Gewinnabführungsvertrag eine unabhängige Unternehmensbewertung erfolgen muss. Nur so kann ein fairer Abfindungspreis ermittelt werden. Der würde im Fall von Centrotec weit höher ausfallen. Das Unternehmen wird 2020 so viel verdienen wie seit Jahren nicht mehr. Bei einem Gewinn pro Aktie von mehr als 1,80 Euro würde der Unternehmenswert weit über 20 Euro je Aktie liegen. Angesichts des aktuellen Zinsniveaus kämen Gutachter wohl eher auf 30 Euro. Man darf gespannt sein, ob sich größere Aktionäre das Delisting weit unter Wert klaglos gefallen lassen. Eine offene Flanke gibt es: eine Sonderprüfung des Pari-Verkaufs. War der gezahlte Preis zu hoch, könnte das sogar strafrechtliche Folgen für die Organe der Gesellschaft haben.

Unser Kolumnist Jörg Lang beschäftigt sich seit 1988 mit dem Thema Aktien.