GHohe Wachstumsraten schienen das zu belegen, die Aktie wurde als heißer Börsentipp gehandelt. Der Kurs stieg von 20 auf 47 Euro, das Unternehmen mit einer halben Milliarde Euro Umsatz wurde Ende Januar noch mit fast zwölf Milliarden Euro bewertet. Dann kamen Zweifel auf, ob die Wachstumsraten wirklich erreicht wurden. Nach heftigen Dementis stellte sich am Ende heraus, dass die Zahlen frisiert waren. Firmengründer Lu Zhengyao und weitere Manager mussten gehen. Die Aktie brach ein, wurde zeitweise ausgesetzt. Sie handelt nun noch bei 1,30 Euro. Zuletzt hatte die US-Techbörse Nasdaq, an der Luckin seine Zulassung hat, den Antrag auf ein Delisting gestellt.

Die Aktionäre müssen sich hier wohl auf einen Totalverlust einstellen, obwohl laut letztem Abschluss 631 Millionen Dollar auf den Konten lagen. Das Geld ist mit hoher Wahrscheinlichkeit als Darlehen in China gelandet und für Aktionäre kaum erreichbar. Das ist das große Problem aller chinesischen Firmen - das gilt auch für die Techgiganten Tencent und Alibaba - mit Hauptlisting außerhalb der Volksrepublik. Immer gibt es eine wenig sichtbare, aber harte Grenze zwischen börsennotierter Obergesellschaft etwa in der Karibik, die zur Geldbeschaffung dient, und operativen Aktivitäten in China. Bei Luckin Coffee halten Anleger Anteile an der Gesellschaft auf den Caymans. Darunter gibt es eine Kette von Beteiligungen, die über Hongkong nach China führt. Eine direkte Beteiligung an den Kaffeehäusern gibt es aber nicht. Die gehören Spezialgesellschaften, deren Anteile von Managern gehalten werden. Natürlich gibt es Verträge über Vorkaufsrechte und die Nutzung der Erträge. Damit kann das Ganze konsolidiert werden. Treten jedoch Probleme auf, gibt es kaum eine Chance, den juristischen Zugriff auf das Vermögen zu erlangen.

Unser Kolumnist Jörg Lang beschäftigt sich seit 1988 mit dem Thema Aktien.