Vor gut zwei Jahren wurde die Fusion mit US-Wettbewerber Huntsman angekündigt. Das Vorhaben scheiterte am Widerstand des Großaktionärs White Tale. Im Januar 2018 verkaufte White Tale seinen Anteil von mehr als 20 Prozent zu ­einem Kurs um 30 Franken an Sabic. Der saudi-arabische Industriekonzern, der mittlerweile rund 26 Prozent hält, wollte in der Folge seinen Spezialchemiebereich mit Clariants (ISIN: CH 001 214 263 1) Geschäftsfeldern bei Kunststoffen und Beschichtungen in der Sparte "High Performance Materials" zusammenschließen.

Der Deal wurde gefeiert, weil es die Renditeschwäche Clariants adressiert hätte. Wer nun glaubte, es kehre Ruhe ein, sieht sich getäuscht. Ende Juli hat Clariant das Geschäft abgesagt. Zudem trat der von Sabic kommende Vorstandschef Ernesto Occhiello zurück. Der ehemalige Firmenchef Hariolf Kottmann, der in den Verwaltungsrat abgerückt war, übernimmt provisorisch die operative Leitung.

Auch wenn offiziell bestritten, sieht das nach viel Zoff zwischen Management und Großaktionär aus. Clariant wollte offensichtlich nicht den geforderten Kaufpreis für den Spezialchemiebereich an Sabic zahlen. Entwickelt sich hier ein Wirtschaftskrimi vom Feinsten? Dass die Aktie rund 40 Prozent unter dem Preis notiert, den ­Sabic Anfang 2018 angeblich bezahlt hat, erhöht auf jeden Fall die Spannung.

Was sind die nächsten Kapitel? Clariant hat sein bestehendes Verkaufsprogramm nun um die Bereiche erweitert, die für den Sabic-Deal vorgesehen waren. Bis Ende 2020 soll das abgewickelt werden. Im Anschluss will Clariant Kapital an alle Aktionäre in Form von Sonderdividenden und Aktienrückkäufen zurückführen. Sicherlich können sich Investoren auf diesen Plan auch dieses Mal nicht vollständig verlassen. Zum Scheitern bringen könnte ihn im Moment aber wohl nur Sabic, indem der Großaktionär Clariant komplett übernimmt. Das wäre aber zumindest für die Aktionäre kein Nachteil.

Unser Kolumnist Jörg Lang beschäftigt sich seit 1988 mit dem Thema Aktien.