von Martin Blümel

Dann jetzt also China! Wenn es derzeit Griechenland (fast) nicht schafft, die Laune der Börsianer zu vermiesen, dann kommt der Stimmungskiller jetzt eben aus Fernost. In Shanghai verlor die Börse allein am Montag 8,5 Prozent. Das war der höchste Tagesverlust seit acht Jahren. Und das macht natürlich auch deutschen Anlegern Sorgen. Nach rund drei Prozent Verlust in der Vorwoche ging es zum Wochenstart mit dem DAX gleich weiter abwärts. Wer zuletzt noch 12 000 Punkte erwartet hat, sieht sich plötzlich mit der 11 000er-Marke konfrontiert. Fast könnte man sagen: Die Bullenfalle im DAX ist kräftig zugeschnappt.

Doch was ist da los in China? Die dortige Notenbank musste erneut den Markt mit geldpolitischen Lockerungen stützen. Reichlich unorthodox, dieses Vorgehen. Man kann daher fast nicht anders, als vom Aktienmarkt Rückschlüsse auf den Zustand der chinesischen Wirtschaft zu ziehen. Bedarf es etwa auch dort einer groß angelegten Rettungsaktion?

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Chinas Einkaufsmanagerindex - ein ganz guter Indikator für die künftige Wirtschaftsentwicklung - sinkt jedenfalls und zeigt, wenn auch knapp, einen Abschwung an. Dass es nicht mehr so gut läuft, signalisieren auch einzelne Unternehmensmeldungen: IBM etwa verzeichnet in China einen Umsatzeinbruch von 40 Prozent, auch Caterpillar berichtet von einem Abwärtstrend der Geschäfte in China. Gleichzeitig aber zeigen die Zahlen zur Industrieproduktion der Volksrepublik nach oben. Das passt alles nicht recht zusammen.

Sicherlich sollte man beim chinesischen Börsendebakel auch berücksichtigen, dass die Märkte in Shanghai und Shenzhen immer noch ziemliche Zockerveranstaltungen sind. Immerhin hatte der Leitindex Shanghai Composite vor dem Crash binnen weniger Monate um 150 Prozent zugelegt. Die Folge war, dass immer mehr Klein-anleger ihr Glück im Markt versuchten und sich für ihre Spekulationen auch noch verschuldeten. Als mit den ersten Korrekturen am Markt alle zum Ausgang drängten, war der Crash nicht mehr zu stoppen.

Fakt ist: Chinas Aktienmarkt hat die Wirtschaft nie besonders gut widergespiegelt. Dass jetzt die Kurse so drastisch fallen, kann zwar auch für die Wirtschaft Folgen haben, vermutlich sind die aber weit geringer als jetzt von vielen befürchtet. Peking mahnt jedenfalls zur Ruhe und will ungeachtet aller Unkenrufe weiter mit sieben Prozent Plus pro Jahr wachsen.

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Vermutlich sollten Anleger statt nur auf China derzeit auch wieder mehr in Richtung USA blicken. Zunächst weil dort die Quartalszahlen für das zweite Quartal bisher recht gut ausgefallen sind. Rund ein Drittel der S & P-500-Unternehmen hat bereits Zahlen vorgelegt. Und rund drei Viertel davon übertrafen die Gewinnerwartungen. Ein sehr guter Wert. Wermutstropfen: Beim Ausblick auf das nächste Quartal überwiegen bisher klar die Abwärtsrevisionen.

Und dann tritt auch Notenbankchefin Janet Yellen wieder auf den Plan. Am Mittwoch findet die letzte Offenmarktausschuss-Sitzung vor der Zusammenkunft im September statt. Und da könnte es neue, entscheidende Hinweise auf die Zinswende geben. Dass die kommen wird, steht außer Frage, auch wenn dies vermutlich erst 2016 der Fall sein wird. Denn so viel ist klar: Für die aktuell ultraniedrigen Renditen in den USA gibt es eigentlich keine Rechtfertigung mehr. Inwieweit die Zinswende dann zur Belastung für die Aktienmärkte wird, bleibt abzuwarten.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com