Die Infineon-Aktie hat den Turbo gezündet: Seit Kurzem notiert sie zum ersten Mal seit dem Jahr 2007 wieder über der Marke von zehn Euro. Grund für die Rally ist der starke Dollar, der dem Halbleiterhersteller erheblich zugutekommt. Bei der Vorlage der Zahlen für das erste Quartal der Berichtsperiode 2014/15, das im Dezember endete, hat Finanzchef Dominik Asam daher die Prognose fürs Gesamtjahr deutlich angehoben. Sie sieht nun ein Umsatzplus von zehn bis 14 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert von 4,32 Milliarden Euro vor. Die sogenannte Segmentergebnismarge soll 14 bis 15 Prozent erreichen. "Der Großteil der Anhebung kommt aus dem Wechselkurs", sagt Asam.

Der Ausblick dürfte aber konservativ sein, legen die Oberbayern doch einen Wechselkurs von 1,20 Dollar je Euro zugrunde. Bei Kursen um die 1,13 Dollar je Euro ist die Gemeinschaftswährung derzeit aber deutlich schwächer. Weil die Europäische Zentralbank weiter kräftig Geld druckt, während die US-Notenbank zur Jahresmitte allmählich die Zinsen anheben könnte, gehen Analysten davon aus, dass der Euro bis Ende 2015 auf 1,05 Dollar je Euro oder sogar darunter abrutschen könnte. Das würde die Profitabilität von Infineon weiter beflügeln.

Aber auch abgesehen von Währungseffekten brummt das Geschäft. Mit 46 Prozent der Konzernerlöse waren Chips für Autos im vergangenen Quartal der mit Abstand wichtigste Geschäftsbereich. Der weltweit steigende Fahrzeugabsatz hat auch die Nachfrage nach Halbleitern angekurbelt. Der Automarkt in den USA ist dynamisch gewachsen, auch die Geschäfte deutscher Premiumhersteller laufen gut. Die zweitgrößte Sparte Power Management & Multimarket (PMM), die ein Viertel der Konzernerlöse ausmacht, verspürte starke Nachfrage nach Halbleitern für mobile Geräte wie Smartphones und Tablets sowie nach Mobilfunkinfrastruktur, aber auch für Netzteile und Lichttechniklösungen. Der Bereich Chip Card & Security (CCS), der Halbleiter für Bezahlkarten oder Ausweise herstellt, lief ebenfalls erfreulich. Das Geschäft mit Chips für Industrieanwendungen hingegen schwächelte. Das Wachstum der Sparte soll im Gesamtjahr deutlich dem Wachstum des Gesamtkonzerns hinterherhinken.

Dennoch zeigen die Ergebnisse, dass Infineon mit seinen Lösungen für Energieeffizienz, Mobilität und Sicherheit insgesamt gut positioniert ist. Wegen der florierenden Geschäfte stockte Vorstandschef Reinhard Ploss die Investitionen für das laufende Geschäftsjahr um 50 Millionen Euro auf 750 Millionen Euro auf.

Infineon-Aktionäre können sich auf den fünften Mai freuen: Bei der Vorlage der Halbjahreszahlen will der Konzern erstmals eine Prognose abgeben, in der die drei Milliarden Dollar teure Übernahme von International Rectifier (IR) enthalten ist. Infineon hat diesen größten Zukauf der Firmengeschichte Mitte Januar abgeschlossen. Durch den Deal verschafft sich der Konzern einen besseren Zugang in die USA und nach Asien und kann die Auslastung am Standort Dresden erhöhen.

Auf Seite 2: Umsatzplus in Sicht



Umsatzplus in Sicht

In den aktuellen Schätzungen der Analysten ist die IR-Übernahme noch nicht enthalten. So geht der Konsens für Infineon fürs laufende Geschäftsjahr von einem Umsatzanstieg um zwölf Prozent auf 4,84 Milliarden Euro aus. IR kommt auf einen Jahresumsatz von 1,1 Milliarden Dollar, wenngleich die operative Marge mit zuletzt sieben Prozent deutlich unter der von Infineon lag. Beim aktuellen Wechselkurs käme Infineon inklusive IR damit auf einen Jahresumsatz von 5,8 Milliarden Euro. Das liegt deutlich über den 2016er-Umsatzschätzungen der Analysten, die derzeit von 5,2 Milliarden Dollar ausgehen.

Aufgrund der Synergieeffekte will Infineon die Gewinnspanne von IR im Geschäftsjahr 2016/17 auf das mittelfristige Margenziel von Infineon erhöhen, das 15 Prozent beträgt. Ploss peilt zudem über einen Zyklus hinweg ein konzernweites Umsatzwachstum von durchschnittlich acht Prozent pro Jahr an, wobei alle vier Geschäftsbereiche gute Wachstumsperspektiven bieten. So soll der weltweite Automarkt weiter wachsen, zugleich sollen immer mehr Chips je Fahrzeug verbaut werden.

Die Aussichten für die Bereiche PMM und CCS sind ebenfalls vielversprechend. Und trotz der aktuellen Schwäche sollte mittelfristig auch das Geschäft im Industriebereich kräftig zulegen. Zugleich sollen die konzernweiten Investitionen von bislang rund 15 Prozent auf 13 Prozent der Erlöse gedrückt werden, womit mehr Geld für Dividenden zur Verfügung stünde.

Wir stufen die Aktie vor diesem Hintergrund auf "Kaufen" hoch. Auf Basis der 2016er-Konsensschätzungen ist sie zwar mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15,1 nicht günstig. Allerdings ist die IR-Übernahme darin noch nicht enthalten. Ein weiterer Anstieg des Dollar und die Vorfreude auf die neue Prognose dürften das Papier weiter beflügeln.

Auf Seite 3: Investor-Info