Innogy-Chef Peter Terium verteidigte den Schritt: "Wir sind sehr, sehr zufrieden. Das ist gut für die Kasse von Innogy, das ist gut für die Kasse von RWE", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters in Frankfurt. Die RWE-Aktie ging aber erst einmal fünf Prozent in die Knie.

Mit fünf Milliarden Euro ist die RWE-Tochter der größte Börsengang in Deutschland seit dem Jahr 2000. Damals hatten die Post und Infineon jeweils mehr als sechs Milliarden Euro eingesammelt. Zum Emissionspreis wird Innogy mit 20 Milliarden Euro bewertet und gilt damit als heißer Anwärter für den Einzug in den Nebenwerteindex MDax noch in diesem Jahr. Die hochverschuldete RWE kommt im Leitindex Dax auf weniger als neun Milliarden.

Den Erlös teilen sich Innogy und RWE. "Die zwei Milliarden sind ein sehr wesentlicher Beitrag für unseren 6,5-Milliarden-Euro-Investitionsplan", sagte Terium, der ausgiebig die schwere Börsenglocke geläutet hatte. Mit dem Geld will er vor allem die Verteilnetze ausbauen, die das "Rückgrat der Energiewende" seien. "RWE hat ein paar Milliarden auf der hohen Kante. Die werden sie vielleicht auch brauchen", sagte der Niederländer, der bis zum Börsengang auch RWE-Chef war. Denn die Verhandlungen mit dem Bund über die Umsetzung des Atomausstiegs laufen noch. "Wir sind da jetzt abgesichert."

DIVIDENDE STATT WACHSTUM



Doch Experten verweisen darauf, dass die Wachstumsaussichten von Innogy mit Ökostrom, Strom- und Gasnetzen und dem Vertrieb begrenzt sind. Gleiches gelte für die E.ON -Kraftwerkstochter Uniper, die seit Mitte September an der Börse ist. Größter Gewinnbringer von Innogy sind die Strom- und Gasnetze. Die vom Staat zugesagten Renditen werden ebenso sinken wie bei der Windenergie, auf die Innogy beim Ökostrom setzt. "Von Innogy sind zwar stabile Geschäfte zu erwarten, aber keine Wachstumssprünge", sagt Thomas Deser, Portfoliomanager bei Union Investment.

Deshalb hatten Innogy und die Investmentbanker die Aktie der RWE-Tochter auch als Dividendentitel vermarktet - mit Erfolg. Investmentfonds, Pensionskassen und andere große Anleger hatten Aktien für deutlich mehr als zehn Milliarden Euro geordert, die meisten aus den USA und Großbritannien. Ein Insider sagte, die Emission sei zu 36 Euro dreifach überzeichnet gewesen. Der US-Vermögensverwalter Blackrock hatte schon im Vorfeld fest zugesagt, Papiere für 940 Millionen Euro abzunehmen. 70 bis 80 Prozent des bereinigten Gewinns sollen schon für dieses Jahr ausgeschüttet werden - das ist eine Rendite von 4,2 Prozent, wie Banker vorrechnen.

"Der Ausgabepreis war aus meiner Sicht nicht zu ambitioniert", sagte Joachim von der Goltz, der den Börsengang für die Schweizer Investmentbank Credit Suisse begleitet hat. "Es galt, die Interessen abzuwägen zwischen Innogy, RWE und den Investoren." Zeitweise mussten die begleitenden Banken den Kurs stützen. Die Federführung beim Börsengang hatten Goldman Sachs und die Deutsche Bank.

DIE ZUKUNFT VERKAUFT?



RWE hält nach dem Börsengang noch mindestens 75 Prozent an Innogy. Der Konzern habe auch einen Teil des Zukunftsgeschäfts verkauft, sagt der Geschäftsführer der Aktionärsvereinigung DSW, Thomas Hechtfischer. "RWE bekommt durch Innogy Zugang zu frischem Kapital. Zuvor hat keiner RWE mehr einen Cent gegeben, da unklar war, wieviel davon in die Atomrückstellungen fließen." Den Konzern drücken Schulden von 28 Milliarden Euro. Hinzu kommen milliardenschwere Lasten aus dem Atomausstieg und dem Braunkohletagebau.

Auch E.ON will sich auf Ökostrom konzentrieren und hatte im September die Kraftwerkstochter Uniper abgespalten, deren Aktien aber an die eigenen Aktionäre verteilt. Die Uniper-Aktie liegt mit 10,83 Euro nicht weit über dem ersten Kurs von 10,02 Euro. Experten sehen die Börsengänge beider Energieversorger trotzdem positiv. "Der Börsenplatz Deutschland ist durch die großen Transaktionen dieses Jahres wieder deutlich stärker in den Fokus auch ausländischer Investoren gerückt", erklärte EY-Börsengangs-Experte Martin Steinbach. Deutsche Fonds zeichneten bei Innogy gerade einmal ein Zehntel des Emissionsvolumens.

rtr