Auf herzliche Umarmungen müssen Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron derzeit verzichten. Auf milliardenschwere Maßnahmen zur ökonomischen Stimulation können sich die beiden Regierungschefs dennoch einigen. Der in Aussicht gestellte Geldregen löst an Europas Märkten zwar keine Euphorie aus, die Nerven der Anleger vermag er aber zu beruhigen: Einerseits entlastet der Wiederaufbaufonds die Europäische Zentralbank in ihrer Rolle als bislang weitgehend einziger Rückhalt der Märkte. Zum anderen kann er den aus Investorensicht zwingend erforderlichen Zusammenhalt in der EU wieder stärken.

Zuschüsse, keine Kredite

Der deutsch-französische Plan sieht vor, dass sich die EU 500 Milliarden Euro an den Märkten beschafft. Die Mittel sollen nicht als Kredite, sondern als Zuschüsse an die von der Corona-Pandemie wirtschaftlich am stärksten betroffenen Staaten weitergereicht werden. Dies sind vor allem die südeuropäischen Länder. Der Internationale Währungsfonds rechnet im laufenden Jahr mit einem Rückgang der wirtschaftlichen Gesamtleistung für Italien um 9,1 Prozent, für Spanien und Portugal jeweils um acht Prozent. Aber auch die von der Pandemie weniger geschädigten Volkswirtschaften Deutschlands und Frankreichs profitieren vom Wiederaufbaufonds.

Doch alle 27 Mitgliedsstaaten müssen dem Plan zustimmen. Daher ist unklar, ob der Merkel-Macron-Deal in der vorliegenden Fassung umgesetzt wird. Dass ein von den beiden führenden EU-Staaten vorgeschlagener Wiederaufbaufonds auf den Weg gebracht wird, gilt aber als sicher.

Der iShares MSCI Europe ex-UK eignet sich für Investoren, die den Recovery-Fund als Chance für eine fundamental begründete Kurserholung an Europas Börsen interpretieren. Französische Unternehmen wie der Luxusartikelhersteller LVMH sind in dem Exchange Traded Fund mit 22 Prozent, deutsche Unternehmen wie Siemens mit 18 Prozent gewichtet. Auf spanische Werte wie Iberdrola entfallen rund fünf Prozent, der italienische Energiekonzern Enel bringt es auf rund vier Prozent.

Im Index enthalten sind auch Firmen aus dem Nicht-EU-Land Schweiz. Zu diesen zählen etwa der Nahrungsmittelkonzern Nestlé sowie die Pharmariesen Novartis und Roche. Die drei hoch gewichteten Konzerne werden als relativ konjunkturresistent eingestuft. Seit dem Börsentief im März hat der ETF aufgeholt. Die weitere Entwicklung dürfte jedoch mit Schwankungen einhergehen. Vor allem wenn Europas Unternehmen die Zahlen fürs zweite Quartal vorlegen, sind Korrekturen möglich. Die EU-Mittel sind aber schon jetzt ein gutes Argument, Positionen aufzustocken.