"Die Stimmungsindikatoren sind stark gestiegen, die harten Konjunkturdaten spiegeln dies aber nur unterproportional wider", sagt etwa Alexander Krüger, Chefvolkswirt vom Bankhaus Lampe.

Nun ist es aber so, dass so eine Lücke irgendwann geschlossen werden muss, das ist klar. Und dafür gibt es letztlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder indem die harten Fakten, also die Wirtschaftsnachrichten und die Unternehmensergebnisse, den Erwartungen schlicht und einfach gerecht werden. Oder indem die Kurse nachgeben, weil man vielleicht doch etwas zu optimistisch war.

Eine Korrektur ist also eine der Möglichkeiten. Die gab es ja auch - wenn auch nicht besonders ausgeprägt. Womit nun die Frage im Raum steht: War es das schon? Hat dieses relativ kurze und moderate Seitwärtsgeschiebe ausgereicht, um den überhitzt wirkenden Markt abzukühlen? Und wenn dem so ist, geht es nun einfach weiter mit der Rally? Vielleicht wird aber auch nur abgewartet. Nach dem starken ersten Quartal sitzen die großen Anleger auf ordentlichen Gewinnpolstern, müssen also nicht unbedingt investieren.

Was dennoch für eine Fortsetzung der Rally spricht, ist der Fakt, dass die positiven Nachrichten und Indikatoren sich nicht nur auf die USA beschränken. Von wegen nur Trump-Rally. Oder nur auf Europa, weil da politisch und wirtschaftlich die Zeichen doch eher auf Kontinuität hindeuten - mal abgesehen von einem gewissen Restrisiko, was die Frankreich-Wahl angeht. Nein, insgesamt scheint der Aufschwung tatsächlich globaler Natur zu sein. Jeffrey Gundlach, Kapitalmarktstratege der Investmentfirma Double Line Capital spricht vom "most synchronized upturn" seit Jahren. Überall drehe es nach oben, in den entwickelten Ländern genauso wie in den Schwellenmärkten. In den Vereinigten Staaten, in Europa, in Lateinamerika, in Asien. Die Gretchenfrage dürfte aber sein, ob und wie lange es bei diesem bisher so überraschend positiven Momentum bleibt.

So manch einer ist da dann doch eher skeptisch und erwartet eine bald nachlassende Dynamik. "Es ist gut möglich, dass wir mit dem guten Wirtschaftswachstum im ersten Quartal bereits das Hoch des aktuellen Konjunkturzyklus gesehen haben und die Wachstumsgeschwindigkeit von hier an nachlässt", sagt etwa Felix Hüfner, der Chefvolkswirt von UBS Deutschland. Allerdings, so Hüfner weiter, sei eine Verlangsamung nicht gleichbedeutend mit einem Abschwung.

Was also tun als Anleger? Längerfristig sind die Aussichten für die Aktienmärkte nach wie vor nicht schlecht. Auch wenn die Dynamik, wie teils befürchtet, tatsächlich etwas nachlässt, sieht es bei den erwarteten Unternehmensergebnissen positiv aus - und dies ist schließlich die Hauptantriebskraft am Aktienmarkt.

Allerdings dürfte dies allein nicht reichen für weitere Kursgewinne. Dafür sollte es doch zu einem europafreundlichen Wahlergebnis in Frankreich kommen. Außerdem sollte ein Zinsschock ausbleiben, egal ob nun in den USA oder im Euroraum. Zudem wird US-Präsident Donald Trump liefern müssen. Von den geplanten Konjunkturpaketen ist noch immer nicht viel zu sehen.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com