Alles fällt. Auch die Aktienkurse an der Tokioter Börse. Konjunktursorgen sind der Hauptgrund - das verlangsamte Wachstum in China, der Handelskrieg mit den USA und der Brexit könnten die exportabhängige Wirtschaft treffen, die schon in zwei der zurückliegenden drei Quartale geschrumpft ist. Und so sank der 225 Werte umfassende Nikkei-Index auf das Niveau von Mitte 2017 zurück. Ebenfalls belastend wirkte der sinkende Ölpreis, wodurch die Sorge entstand, dass die Inflation im kommenden Jahr wieder zurückgeht. Das Problem dauerhafter Deflation wäre dann wieder akut. Aktuell liegt die Kerninflation noch bei einem Prozent.

Dabei hatte man zuletzt noch auf ein Börsenfest gehofft. Am 19. Dezember fand nämlich der lang erwartete Börsengang von Softbank Corp. statt, der Telekomtochter der Softbank Group. Doch so richtig zufrieden dürfte das Internet- und Mobilfunkimperium mit dem Ergebnis nicht sein. Zwar gelang es Unternehmensgründer Masayoshi Son, 37 Prozent der Mobilfunktochter zu platzieren und somit 20,7 Milliarden Euro einzunehmen, was den IPO zum größten Börsengang des Jahres machte, allerdings verlor der Aktienkurs nach Handelsstart dann doch deutlich an Wert.



Fast so gut wie die Chinesen



Und trotzdem: Ein Börsengang in unsicheren Zeiten, das muss man sich erst mal trauen. Und immerhin hat man mehr eingenommen als einst Japans bisheriger Rekordhalter, der frühere Telekommonopolist NTT im Jahr 1987. Ein Triumph für den ehrgeizigen Softbank-Gründer Son, der vor allem seine japanischen Rivalen stets übertreffen will. Und sogar den weltweit größten Börsengang aller Zeiten, den von Alibaba mit einem Ergebnis von 25 Milliarden Dollar, hat man fast erreicht.

Der IPO ist clever: So verlagert man nämlich den Schwerpunkt der Muttergesellschaft vom Mobilfunk zu einer Beteiligungsgesellschaft für Unternehmen rund um künstliche Intelligenz und das Internet der Dinge. Softbank Group will bis zum Jahr 2040 Anteile an 5000 Technologieunternehmen besitzen. Daher werden die Einnahmen aus dem Börsengang für weitere Akquisitionen genutzt - bisher geschah dies meist über Schulden. Der Börsengang kann auch helfen, den Wert der Softbank-Holding zu erhöhen. Diese wird derzeit laut einer Berechnung der Wirtschaftszeitung "Nikkei" 55 Prozent unter dem Buchwert aller Beteiligungen und Vermögenswerte gehandelt.

Auf Seite 2: Nikkei hängt den Topix ab





Nikkei hängt den Topix ab



Der Börsengang war trotz allem ein spätes Highlight in einem für Japan eher durchwachsenen Börsenjahr 2018. Der Leitindex Nikkei 225 verlor zwölf Prozent, in Euro gerechnet waren es erträgliche sechs Prozent. Auffällig ist dabei, dass der Nikkei deutlich besser abschneidet als der Topix oder auch der MSCI Japan mit minus 18 Prozent.

Der Grund liegt zum einen darin, dass Topix und MSCI kapitalgewichtete Indizes sind, wogegen der Nikkei preisgewichtet wird, der Anteil der einzelnen Aktien also nicht via Börsenkapitalisierung, sondern über die Höhe des Aktienkurses festgelegt wird (wie in den USA der Dow Jones). Und der zweite Grund liegt darin, dass im Nikkei die Sektoren Gesundheit und Konsum mehr Anteil haben und der auch in Japan kriselnde Finanzsektor deutlich weniger. Wer in einen ETF investiert, sollte dies unbedingt beachten.

Doch wie geht es jetzt weiter? Was für Japan-Aktien spricht: Die Unternehmen sind viel profitabler und deutlich weniger verschuldet als früher. Die Gesamtnettoverschuldung in Relation zum Eigenkapital etwa hat sich seit 2007 gezehntelt. Darüber hinaus sind die japanischen Buchwerte, die physische Vermögenswerte enthalten, deutlich höher als in anderen globalen Märkten.

"Die größere finanzielle Stabilität dürfte Japan bei der nächsten Rezession zugutekommen", meint Dan Carter, Fondsmanager des Jupiter Japan Select. Das sind sicher gute Argumente, allerdings schwächen sie sich ab, wenn die Börsenstimmung weltweit von den Bären bestimmt wird. "Das Wachstum in China lässt nach, was bedeutet, dass sich Japans Exporte schwertun werden und das Wachstum in der ersten Jahreshälfte 2019 stockt", prophezeit daher Hiroaki Muto, Volkswirt beim Analysehaus Tokai Tokyo.

Auch deswegen - zusätzlich zur nach wie vor schwachen Inflation - will die Notenbank so schnell nicht von ihrer Politik des ultrabilligen Geldes abrücken. "Falls die Spannungen anhalten, könnte dies das Geschäftsklima negativ beeinflussen", sagte Zentralbankchef Haruhiko Kuroda. Die Bank von Japan versucht seit Jahren, mit Wertpapierkäufen die Konjunktur anzukurbeln und für mehr Inflation zu sorgen. Ein schwieriges Unterfangen. Anleger sollten daher derzeit vorsichtig sein. Spannend ist sicher die Softbank-Story. Und wer darauf setzen mag, dass die Börsenstürme 2019 nachlassen, ist mit Bluechips wie etwa Sony gut beraten.



Auf Seite 3: Auf einen Blick: Japan