BÖRSE ONLINE nahm das zum Anlass, um mit Finanzchef Ralph Konrad (links) über die Aussichten für das laufende Jahr und die Potenziale der kommenden Jahre und damit auch der JDC-Aktie zu sprechen.

BÖRSE ONLINE: Herr Konrad, 2016 waren Sie sehr aktiv und haben eine deutliche Verbesserung der Zahlen erreicht. Was war der Hintergrund?


Ralph Konrad: 2016 war für uns ein entscheidendes und sehr erfolgreiches Jahr. Erstens haben wir im März unsere "allesmeins"-Digitalstrategie gestartet und nur zwei Monate später mit Geld.de unsere wahrscheinlich wichtigste Akquisition der letzten Jahre überhaupt realisiert. Wiederum zwei Monate später konnten wir die Privatkundenbestände von Aon Deutschland übernehmen. Damit haben wir auf der einen Seite erheblich in die Digitalisierung unseres Geschäftsmodells investiert und auf der anderen Seite fast 180000 Kunden dazugewonnen, mit denen wir nun in einer direkten Maklerbeziehung stehen.

Was ist das Besondere an "allesmeins"?


Mit dem digitalen Finanzordner "allesmeins" haben die Kunden unserer Finanzberater alle ihre Versicherungs- und Finanzverträge immer aktuell samt der jeweiligen Vertragsdokumentation auf Ihrem Smartphone. Kunden, die "allesmeins" nutzen, haben ungefähr die dreifache Vertragsdichte im Vergleich zu den normalen, "analogen" JDC-Kunden. Ein Win-Win für alle: Der Kunde ist besser informiert, der Berater betreut deutlich mehr Verträge pro Kunde und verdient damit deutlich mehr Provision und JDC verdient als Plattform an allen Verträgen und Abschlüssen mit.

Und welchen Effekt hat die Geld.de und Aon Akquisition?


Mit Geld.de und Aon haben wir rund 180000 Kunden mit fast 200000 Verträgen akquiriert, die mit uns in einer direkten Maklerbeziehung stehen. Das ist ein großer Unterschied zu unseren anderen rund eine Million Retailkunden, die von JDC-Beratern betreut werden, und bei denen wir dann eben auch die Provisionen mit dem jeweiligen Berater teilen. Diese Geld.de und Aon-Verträge erwirtschaften eine jährlich wiederkehrende Courtage von rund fünf Millionen Euro, für die keine Provision an Weitervermittler fließt. Insofern sind insbesondere diese Bestände für uns hoch rentabel und helfen, uns in eine ganz andere Ertragsdimension zu bewegen. Das zeigt sich bereits 2016 in den Zahlen: Mit einem vorläufigen Ebitda von 2,7 Millionen Euro haben wir damit das Vorjahresergebnis verdoppelt, obwohl wir noch rund 0,5 Million Euro einmalige Transaktionskosten im Zusammenhang mit den Bestandserwerben zu verdauen hatten und diese beiden Transaktionen auch erst im vierten Quartal voll Umsatz- und Ergebniswirksam wurden.

Besonders das vierte Quartal 2016 hat mit einem Gewinnsprung überrascht. Woran lag das?


Das war vielleicht für den Markt überraschend, aber nicht für uns. Das vierte Quartal war eben das erste Quartal, in dem die erworbenen Bestände voll in das Unternehmensergebnis eingezahlt haben und keine Transaktionskosten oder sonstigen Einmalaufwände angefallen sind. Zusätzlich hatten wir noch ein gutes Jahresendgeschäft, so dass wir mit einem EBITDA von zwei Millionen Euro bei einem Umsatzwachstum von fast 15 Prozent das mit Abstand beste Quartal der Unternehmensgeschichte hinter uns haben. Das gute Ergebnis war also ein Resultat der von uns eingeschlagenen Unternehmensstrategie: Das analoge Basisgeschäft stabilisieren, in Digitalisierung investieren und professionell Bestände erwerben.

Wie ist die JDC Group in das Jahr 2017 gestartet?


Wir sind extrem zufrieden mit dem Jahresstart. Alle Kennzahlen, wie zum Beispiel Antragszahlen, Bestandsentwicklung etc. zeigen ihn die richtige Richtung, teils mit zweistelligen Wachstumsraten. Wenn wir diese Entwicklung über das Jahr 2017 halten können, rechnen wir wiederum mit einem Rekordjahr.

Wie geht es mit Ihrer Digitalstrategie voran?


Im Bereich der Digitalisierung haben wir zwei Standbeine. Zum einen digitalisieren wir mit unserer "allesmeins"-Technologie die Endkundenprozesse der Finanzberater, die mit weniger Aufwand bei besserer Kundenberatung mehr verdienen können. Das hat bislang schon über 600 Finanzberater überzeugt, die teilweise schon intensiv, teilweise nun beginnend "allesmeins" nutzen. Bislang haben wir bereits 30000 Verträge in der App. Das kann sich für das erste Jahr sehen lassen. Und mit der Adaption neuer Technologien durch unsere Makler verhält es sich ungefähr wie mit einer Ketchup-Flasche: Man schüttelt und schüttelt, und erst kommt ganz wenig, aber wenn es dann kommt, dann dicke. Die bisherigen Zahlen sind also nur der Anfang. Ebenso wichtig ist aber, dass wir mit der "allesmeins"-Technologie bereits fast 20 Prozent aller Bestandsübertragungen - also die provisionspflichtige Übertragung von Versicherungsverträgen zu JDC - bewältigen. "allesmeins" ist also nicht nur eine weitere App, sondern bereits heute integraler Bestandteil unserer Gesamtstrategie, die uns hilft noch effizienter abzuwickeln. Auf der anderen Seite haben wir mit Geld.de nun eine hervorragende Marke für die direkte Vermittlung von Finanzprodukten an Endkunden. Geld.de steht heute noch für die Vermittlung von Versicherungsprodukten. Wir haben das in den letzten Monaten um Strom, Gas, DSL und weitere Produkte ergänzt. Perspektivisch wird der Kunde bei Geld.de alles finden, worum er sich sorgt, wenn es um sein Geld geht. Immobilien, Kapitalanlagen und weitere Funktionen sind in Vorbereitung.

Sie haben für viele überraschend mit Stefan Bachmann einen Google-Manager in den Vorstand geholt. Was waren die Hintergründe?


Nun, mein Vorstandskollege Dr. Grabmaier und ich sind im Branchenvergleich sicher sehr innovativ, aber, es braucht in einer sich so schnell verändernden Branche auch eine schnelle Anpassungsfähigkeit der Organisation und auch mal neue Impulse von außen. Deshalb haben wir mit Stefan Bachmann einen mit 30 Jahren noch sehr jungen Kollegen geholt, der bei Google in Deutschland die gesamte Bankenindustrie verantwortet hat. Es gibt keine Entwicklung, die er - und damit zukünftig wir - nicht kennen. Seine hervorragenden Kontakte und tiefe Erfahrung in der digitalen Welt geben uns einen deutlichen Kompetenzvorsprung - insbesondere in der direkten Vermarktung von Finanzprodukten über das Internet bei Geld.de.

Analysten bewerten die JDC-Aktie derzeit mit Kurszielen zwischen acht und neun Euro. Umsatz und Gewinn sollen überproportional steigen. Wie ist Ihre Meinung dazu?


Wie eben erläutert sind wir sehr gut ins Jahr gestartet und konnten unsere Prognose 2017 - einen Umsatz zwischen 85 und 95 Millionen Euro und ein Ebitda von fünf bis sechs Millionen Euro - auf einer sehr soliden Grundlage kommunizieren. Die Umsatzsteigerung speist sich vor allem von Großkunden, die in den letzten Monaten zu JDC gekommen sind und in 2017 erstmals ein ganzes Jahr bei uns sein werden. Die Gewinnsteigerung kommt aus mehreren Effekten. Zum einen werden die neuen Großkunden Roherträge bringen, die nicht zu steigenden Kosten führen werden, da wir ein sehr skalierbares Geschäftsmodell haben. Zum anderen zahlen wie eingangs ausgeführt die gekauften Bestände in 2017 zum ersten Mal volle zwölf Monate in die Gewinn-und-Verlustrechnung des Konzerns ein. Insofern halten wir eine nochmalige Verdopplung unseres Ebitda für sehr realistisch. Und wenn der Rest des Jahres so stark bleibt wie die ersten zehn Wochen, dann ist sogar noch Luft für positive Überraschungen drin.