Geschädigte können sich der Musterklage anschließen und vermeiden dadurch hohe und abschreckende Prozesskosten. Mit der MFK werden auch die Weichen für die Schadenersatzansprüche von Millionen Besitzern von Volkswagen-Kfz mit manipulierten Dieselmotoren gestellt. Der Konzern rechnet jedoch nicht mit massenhaften Schadensersatzfällen. Während SPD-Politiker den Entwurf von Justizministerin Katarina Barley vorbehaltlos begrüßten, wollen Unionspolitiker das Vorhaben auf Missbrauchsgefahren durch nur am Prozess interessierte Anwälte abklopfen.

Ziel der MFK ist es, entweder einen Vergleich mit der Vereinbarung eines bestimmten Schadenersatzes zu erzielen oder aber den Schaden und seinen Verursacher feststellen zu lassen. In letzteren Fall haben die Verbraucher eine Handhabe, um in einem individuellen Verfahren vergleichsweise einfach ihre Forderungen durchsetzen zu können. Klageberechtigt sind nur bestimmte Verbände.

VW WIRD VORAUSSICHTLICH ERSTER GROSSER FALL

Erwartet wird, dass die erste große Musterfeststellungsklage Volkswagen betrifft. "Es gibt Schätzungen, dass etwa zwei Millionen Dieselfahrer in den Genuss dieser Klage kommen könnten", sagte Barley. Volkswagen hat in Millionen Diesel-Kfz eine Steuerung eingebaut, die Abgas-Tests erkennt und dann in einem abgasärmeren und den Normalbetrieb verfälschenden Modus umschaltet. Allerdings laufen die Schadenersatzansprüche der Besitzer dieser Autos Ende 2018 aus. Daher will die große Koalition, dass die MFK spätestens am 1. November 2018 in Kraft tritt. "Wir machen diese Klageart ja auch jetzt so publik, um den geschädigten Diesel-Fahrerinnen und Fahrern zu signalisieren, dass sie dann ein relativ kurzes Zeitfenster haben, um ihre Ansprüche gerichtlich geltend zu machen", sagte Barley.

Volkswagen zog in Zweifel, dass das Unternehmen durch die MFK zu massenhaftem Schadensersatz verpflichtet werden könnte. "Die Einführung der geplanten Musterfeststellungsklage ändert jedoch nichts daran, dass in Deutschland keine berechtigten Ansprüche wegen der Verwendung der Umschaltlogik in Fahrzeugen mit Motoren des Typs EA 189 bestehen", teilte der Konzern mit. Die weit überwiegende Anzahl an Klagen würden allen deswegen abgewiesen und nicht, weil es bislang keine MFK gebe. Mit "EA 189" wird eine Dieselmotoren-Baureihe bezeichnet, die von dem Abgasskandal betroffen ist.

"Gerade im Fall VW ist dies für die betroffenen Dieselfahrer ein wichtiges Instrument", erklärte Umweltministerin Svenja Schulze (SPD). Während der Verbraucherschutzexperte der SPD-Fraktion, Johannes Fechner, von einem Meilenstein für den Verbraucherschutz sprach, warnte seine Kollegin von der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker, es werde genau geprüft, ob unseriöse Verbände tatsächlich von Musterfeststellungsklagen ausgeschlossen seien.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) nannte es diskriminierend, dass die MFK auf Verbraucher beschränkt ist. "So haben unsere Handwerksbetriebe allein beim Dieselskandal dasselbe Rechtsschutzinteresse wie private Betroffene." Der Chef des Bundesverband der Verbraucherschutzzentralen, Klaus Müller, sagte: "Der VW-Skandal ist nur die Spitze des Eisbergs." Die MFK könne Verbrauchern in vielen Bereichen zu ihrem Recht verhelfen.

rtr