Weil der Bergkiefernkäfer gerade sehr aktiv ist, sind in Kanada in den zurückliegenden Monaten viele Hektar Wald vernichtet worden. Mit weitreichenden Folgen. Unter anderem ist beispielsweise Bauholz deswegen so knapp und so teuer wie nie zuvor. Das spürt man nicht nur in Nordamerika, sondern auch in Europa. Es ist jedoch nicht nur der Rohstoff Holz, der sich massiv verteuert hat. Auch die Preise für Industrie- und Edelmetalle ziehen an. Und auch das hat Folgen.

Der Börse in Toronto etwa hat es gut getan. Denn der Anteil an Unternehmen aus dem Bereich der Grundstoffe ist groß. Nach dem Sektor Finanzdienstleistungen, der etwa 31 Prozent des Leitindex TSX ausmacht, folgt schon mit zwölf Prozent der Bereich Rohstoffe mit großen und bekannten Unternehmen wie dem Bergbaukonzern Barrick Gold, dem inzwischen weltweit größten Produzenten von Kalidünger Nutrien sowie dem Minenbeteiligungsunternehmen Franco-Nevada. Dazu kommt mit ebenfalls zwölf Prozent Anteil am TSX-Index der Energiebereich mit Unternehmen wie den beiden Pipelinebetreibern Enbridge und TC Energy sowie dem Ölförderer Suncor Energy.

Von den kletternden Rohstoffnotierungen und dem teurer gewordenen Öl profitieren aber nicht nur die Unternehmen. Auch der kanadische Dollar ist deutlich im Wert gestiegen. Was durch die weltweiten Geldströme zu erklären ist, die derzeit eben verstärkt nach Kanada fließen. Denn steigende Rohstoffpreise reflektieren die Hoffnung auf eine schnelle Erholung der Weltwirtschaft.

Aufmerksame Notenbank

Wenn die Erholung gelingt, hätte das aber auch Folgen für die Geldpolitik. Dann könnten die Notenbanken relativ schnell die Geldpolitik straffen. Gerade in Kanada. Dort ist es eines der wichtigsten Ziele der Notenbank, den kanadischen Dollar nicht stark aufwerten zu lassen. Doch noch sieht man dort keinen Handlungsbedarf. Den Leitzins hatte die Nationalbank zuletzt im Frühling 2020 dreimal auf ein Rekordtief von 0,25 Prozent gesenkt und umfangreiche Käufe von Vermögenswerten eingeleitet.

Es läuft nicht alles rund im Land. Die Impfkampagne kommt wegen Lieferverzögerungen der Unternehmen Biontech/Pfizer und Moderna nur schleppend voran. Seit Dezember erhielten erst 14,6 Prozent der Kanadier die erste Impfung mit einem Corona-Vakzin. Kanada befindet sich derzeit, wie andere Länder auch, in einer dritten Ansteckungswelle. Die beiden bevölkerungsreichsten Provinzen, Québec und Ontario, hatten wegen der steigenden Infektionszahlen vor Ostern zusätzliche Beschränkungen verhängt.

Auch das Verhältnis zu den USA ist derzeit schwierig. Mit dem großen Nachbarn ist man besonders eng verflochten: Über 70 Prozent der Exporte aus Kanada gehen ins Nachbarland. Umso schlimmer, dass US-Präsident Joe Biden am Tag seiner Amtseinführung die Genehmigung für den Bau der Pipeline Keystone XL widerrief, die Öl aus den Ölsandfeldern Albertas in die USA bringen sollte. Damit droht einem rund sechs Milliarden Euro teuren Projekt das Aus. Kanadas Premierminister Justin Trudeau, der sich einerseits dem Klimaschutz verschrieben hat, andererseits aber Keystone XL unterstützte, äußerte sich enttäuscht.

Positives Handelsabkommen

Positiv sollte sich dagegen das Mitte 2020 mit Ex-Präsident Donald Trump ausgehandelte Drei-Nationen-Abkommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko (USMCA) auswirken. Grenzverkehr und Handel sollen nun einfacher ablaufen.

So kommt es wegen USMCA wohl bald zu einer Megafusion der Bahnunternehmen Canadian Pacific Railway und Kansas City Southern. Es geht um 25 Milliarden Dollar und damit um eine der größten Fusionen in der Eisenbahngeschichte. Die Canadian Pacific wickelt bisher nur Güterverkehr in Kanada und den USA ab. Mit dem Zusammenschluss entstünde das erste Bahnnetz, das von Kanada über die Vereinigten Staaten bis nach Mexiko reicht.

Spannend ist derzeit auch die Aktie von Alimentation Couche-Tard, Kanadas größter Warenhauskette. Und die will wachsen. So hat man sich mit Europas größtem Einzelhandelskonzern, der fran- zösischen Carrefour, an einen Tisch gesetzt, um einen Zusammenschluss zu diskutieren. Mit einer Übernahme oder Fusion könnten die Kanadier ihre Präsenz in Europa stärken. Und mehr im Supermarktgeschäft mitmischen. Allerdings hakt es gerade: Nach einer Vetodrohung Frankreichs haben die Kanadier und der europäische Einzelhandelsgigant ihre Gespräche über den möglichen milliardenschweren Zusammenschluss kürzlich gestoppt. Vorerst.

 


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