Der geplante Zusammenschluss sei in gegenseitigem Einvernehmen abgebrochen worden, teilte Pfizer am Mittwoch mit. Hintergrund sind neue Maßnahmen der US-Regierung gegen Steuervermeidung im Zuge solcher Übernahmen. Für den Vorstandschef des Viagra-Produzenten Pfizer, Ian Read, ist es die nächste Schlappe bei seinem langverfolgten Ziel, den Konzern steuerlich außerhalb der USA anzusiedeln. Bereits 2014 musste er sich mit seiner Offerte über 118 Milliarden Dollar für die britisch-schwedische AstraZeneca geschlagen geben.

In seinem letzten Amtsjahr kann US-Präsident Barack Obama damit noch einen bedeutenden Erfolg feiern in seinem Bemühen, die amerikanischen Steuergesetze zu verschärfen. Obama hatte den von Republikanern kontrollierten US-Kongress bereits mehrmals gedrängt, aktiv zu werden, wenn es bei Fusionen um die Verlegung von Firmensitzen ins Ausland geht, um dort geringere Steuern zu zahlen. Bisher war aber wenig geschehen. Am Montag gab das US-Finanzministerium jedoch neue Vorschriften bekannt, die auf diese Art der Steuervermeidung abzielten. Diese sehen unter anderem Fristen für die Berücksichtigung von Zukäufen ausländischer Unternehmen in den USA vor.

Allergan erlangte durch eine Reihe von Milliarden-Zukäufen in den vergangenen drei Jahren erst die notwendige Größe, die es Pfizer erlaubt hätte, nach der Fusion den Firmensitz nach Irland zu verlegen. Das Unternehmen entstand durch die 66 Milliarden Dollar schwere Übernahme durch den Konkurrenten Actavis, der vorher selbst unter anderem die US-Pharmafirma Forest Laboratories für 25 Millionen Dollar geschluckt hatte. Allergan und Pfizer planten, nach dem Zusammenschluss zum weltgrößten Arzneimittel-Hersteller den Hauptsitz in dem europäischen Land anzusiedeln, nicht jedoch die operativen Aktivitäten. Die Unternehmenssteuer liegt in den USA bei 35 Prozent, in Irland bei nur 12,5 Prozent. Pfizer hätte sich damit jährliche Einsparungen von mehr als eine Milliarde Dollar sichern können.

KEIN NEUER BRANCHENPRIMUS



Mit der Übernahme wäre ein Konzern mit einem Jahresumsatz von mehr als 60 Milliarden Dollar entstanden. Er hätte den Schweizer Konkurrenten Novartis vom Spitzenplatz als weltgrößter Hersteller verschreibungspflichtiger Medikamente verdrängt. Mit dem Zusammenschluss wären nicht nur Viagra und Botox, sondern auch eine Reihe weit verbreiteter Schmerzmittel, Alzheimer-Medikamente, Blutfettsenker, Augenarzneien und Präparate gegen Lungenentzündungen unter ein Dach gekommen. Dem Fusionsabkommen zufolge konnten beide Seiten das Geschäft absagen, wenn das neue Unternehmen wegen Änderungen im Steuerrecht als US-Konzern eingestuft werden würde und damit die Steuervorteile wegfielen. Pfizer muss Allergan für die Absage des Zusammenschlusses 150 Millionen Dollar zahlen. Die Fusion sollte eigentlich im zweiten Halbjahr abgeschlossen werden.

In den USA haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Konzerne nach Großfusionen ihre Firmensitze ins Ausland verlegt, was deutlich geringere Steuerzahlungen mit sich bringt. Derzeit plant etwa noch der US-Autozulieferer Johnson Controls den Kauf des irischen Brandschutz-Anbieters Tyco für 16,5 Milliarden Dollar und will seine Zentrale in das Niedrigsteuer-Land verlegen. Diese als Inversion bezeichnete Taktik ist in Amerika ein Politikum geworden. Selbst die favorisierten Präsidentschaftsbewerber der Demokraten und Republikaner, Hillary Clinton und Donald Trump, sind sich hier ausnahmsweise einig, dass ein Riegel vorgeschoben werden muss. Die Regierung in Washington hatte 2014 erste Maßnahmen erlassen. Daraufhin platzte etwa die geplante 55-Milliarden-Dollar-Fusion zwischen Shire und AbbVie.

Reuters