Die Ansteckungsrate sei noch deutlich zu hoch. Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder wollen am Mittwoch in einer Telefonkonferenz über die Aufrechterhaltung der Einschränkungen beraten, wie es aus Kreisen der Koalition hieß. Bayern, wo es die meisten Covid-19-Fälle gibt, verlängerte am Montag die Ausgangsbeschränkungen und Ladenschließungen um zwei Wochen bis zum 19. April. "Es ist keine Zeit für einen vorschnellen Exit oder eine Debatte darüber", sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in München. Wie bei Krankheiten gelte: "Wer zu früh aufsteht, riskiert einen massiven Rückfall."

Zahlreiche andere Bundesländer hatten die Ausgangsbeschränkungen bereits bis nach Ostern verhängt. Auch die Bundesregierung sieht derzeit keinen Grund, die weitgehenden Einschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens zu lockern. Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) hatte am Wochenende bereits angekündigt, dass es vor dem 20. April keine Lockerung geben solle. Die Zahl der Coronavirus-Infektionen in Deutschland stieg nach Angaben des Robert-Koch-Instituts zuletzt um 4751 auf 57.298. Dabei wurden die stärksten Zuwächse in Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen gemeldet. Die Zahl der Todesfälle infolge der Covid-19-Erkrankung nahm demnach um 66 auf 455 zu. Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery hält eine schrittweise Aufhebung der flächendeckenden Schließung von Schulen und Universitäten frühestens im Mai für möglich. "Wenn sich die Zahlen weiter so entwickeln wie jetzt, sollten wir im Mai damit rechnen können, dass Schulen wieder aufmachen in Regionen, die nicht extrem belastet sind", sagte er "Bild".

Der Wirtschaftsweise Volker Wieland forderte von der Politik, ein Ausstiegsszenario zu entwickeln und bald zu kommunizieren. Das könne die wirtschaftliche Situation stabilisieren und Vertrauen schaffen. Die deutsche Konjunktur dürfte nach Ansicht der Wirtschaftsweisen wegen des Virus nicht so stark einbrechen wie im Finanzkrisenjahr 2009. Die Ökonomen und Regierungsberater sagten für 2020 allerdings eine kräftige Rezession voraus. Die Stimmung in der Wirtschaft in der Euro-Zone ist im März wegen der Pandemie in Rekordtempo eingebrochen. Das Barometer für das Geschäftsklima sackte um 8,9 Punkte auf 94,5 Zähler ab, das ist der bislang stärkste gemessene monatliche Rückgang seit Beginn der Umfrage 1985. nL8N2BN4MR] Die KfW hat wegen der Corona-Krise bis zum Freitag 742 Kreditanträge mit einem Gesamtvolumen von insgesamt 8,22 Milliarden Euro erhalten.

MUNDSCHUTZPFLICHT BEIM EINKAUF IN ÖSTERREICH


Österreich verschärft unterdessen die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus. Bundeskanzler Sebastian Kurz ordnete eine Mundschutzpflicht beim Einkaufen an - eine Maßnahme, die auch Bayer erwägt. Ab Mittwoch verteilten die ersten Supermarktketten am Eingang Mundschutzmasken, die dann verpflichtend überall dort getragen werden müssen, wo man an Menschen vorbeigehe. Von der ursprünglich für nach Ostern geplanten schrittweisen Aufhebung der Maßnahmen sei man derzeit "weit entfernt". Bis Mitte April könnte auch Österreich in einer Situation sein, wo es zu einer Überforderung der Intensivmedizin komme, warnte Kurz.

In Spanien gibt es mittlerweile mehr Infizierte als in China, wo das Virus Ende 2019 ausbrach. Das Land ist nach Italien am schwersten in Europa betroffen. In China sank die Zahl der Corona-Neuinfektionen dagegen nach offiziellen Angaben den vierten Tag in Folge. In den USA rechnet Präsident Donald Trump mit "echten" Fortschritten im Kampf gegen die Pandemie gegen Ende April, wie er in einem Interview mit dem Sender "Fox News" sagte. Der Berater des Staatsoberhauptes, Anthony Fauci, warnte vor einer voreiligen Lockerung der Ausgangssperren. Die Pandemie könnte in den USA zwischen 100.000 und 200.000 Todesopfer fordern, wenn die Maßnahmen zur Schadensbegrenzung nicht erfolgreich wären. Trump will nun die Richtlinien zur Verlangsamung der Ausbreitung des Virus bis zum 30. April verlängern. Ursprünglich hatte er die Maßnahmen bis zum Osterwochenende vorgesehen.

rtr