Mit Popcorn und Getränk ausgestattet in den bequemen Sessel fallen, um auf der großen Leinwand den Film zu genießen - diesem Erlebnis hat sich Kinepolis verschrieben. In 97 Lichtspielhäusern betreibt die belgische Gruppe nahezu 900 Leinwände mit insgesamt mehr als 175 000 Sitzplätzen. Nach seiner Gründung 1997 expandierte der Konzern mittels Übernahmen zunächst in den Benelux-Ländern sowie in Frankreich und Spanien. 2017 wagte das Management den Sprung über den großen Teich: Kinepolis kaufte die kanadische Kinokette Landmark Cinemas mitsamt 44 Multiplexkinos.

Jetzt stehen die Belgier vor dem Schritt in die USA. Anfang September sicherte sich Konzernchef Eddy Duquenne den Zuschlag für MJR Digital Cinemas. Vorausgesetzt die Wettbewerbsbehörden stimmen zu, will er die in Michigan ansässige Kinokette für umgerechnet 137,2 Millionen Euro kaufen. Der Vorstoß in das Epizentrum der globalen Filmindustrie ließ die Investoren aufhorchen: Nach der Bekanntgabe der Übernahme schnellte die Kinepolis-Aktie nach oben.

Auch Kris Kippers, Analyst bei Kepler Cheuvreux, ist begeistert. "MJR passt perfekt zum europäischen Modell von Kine­polis", schreibt er in einem Kommentar. Der Experte verweist darauf, dass sieben von zehn zugekauften Spielstätten der künftigen Tochter gehören. Insofern sollte es Kinepolis relativ leicht haben, die eigene Strategie rasch auf die MJR-Standorte zu übertragen. Kippers hält weitere Zukäufe in den USA für möglich. "Die Gruppe hat im Frühsommer 225 Millionen Euro über eine Anleihe aufgenommen, ­daher bleibt die Kriegskasse gut gefüllt", erklärt der Analyst. Das Schuldenniveau beunruhigt ihn nicht. Mit 310 Millionen Euro lagen die Netto­finanzverbindlichkeiten per 30. Juni beim 2,5-Fachen des operativen Jahresgewinns. Kippers geht davon aus, dass der Cashflow diese Quote rasch schrumpfen lässt.

Das Kino lebt - trotz Netflix & Co


Wir schließen uns dem Rating von Kep­ler Cheuvreux an und stufen Kinepolis mit "Kaufen" ein. Nach knapp zwei Jahren im Abwärtstrend könnte die US-Expansion die Aktie dauerhaft zurück auf die Börsenleinwand bringen. Frei von Risiken ist der Mid Cap aber nicht. Vor allem auf dem ­alten Kontinent macht der Streamingboom den Kinos das Leben schwer. Umso mehr sind die Belgier darauf angewiesen, dass die Filmindustrie den Geschmack des Publikums trifft. Wobei gerade der jüngste globale Blockbuster "Avengers: Endgame" zeigt, dass Hollywood auch in Zeiten von Netflix & Co noch im Stande ist, die Massen für das Erlebnis Kino zu begeistern.