Die Anleihemärkte senden das schärfste Rezessionssignal für den deutschen Markt seit 1992. Wird es jetzt endgültig Zeit für Anleger Gewinne mitzunehmen? Und haben wir alle die Folgen des Wirtschaftsabschwungs deutlich unterschätzt?

Immer mehr Bond-Anleger wetten auf eine tiefgreifende Rezession in Deutschland. Zwar deuten die Anleiherenditen seit etwa einem Jahr darauf hin, am Freitag allerdings so deutlich wie zuletzt 1992.

Anleihemarkt sendet schärfstes Rezessionssignal seit 1992

„Die Signale sind nicht zu übersehen, dass die Zentralbanken bereit sind, die Zinsen auf ein Niveau anzuheben, bei dem etwas kaputtgehen könnte oder zumindest ein stärkerer Konjunktureinbruch folgt", sagte Commerzbank-Anlagestratege Christoph Rieger.

Daher werfen Investoren vor allem kürzer laufende Bonds aus ihren Depots. Dies treibt deren Renditen in die Höhe. So rentieren zweijährige Bundesanleihen etwa 3,3 Prozent und damit nur knapp unter dem Niveau vom Herbst 2008. Die zehnjährigen Anleihen werfen dagegen rund 2,4 Prozent ab.

Inversion am Anleihemarkt deutet auf Krise hin

Experten sprechen hier von einer „inversen Renditekurve", weil üblicherweise kürzer laufende Titel niedriger verzinst werden als Langläufer. Der viel beachtete Rendite-Abstand – im Fachjargon Spread genannt – zwischen zwei- und zehnjährigen Bundesanleihen ist zwar seit August 2022 invertiert, dieser Trend hat sich in den vergangenen Wochen allerdings verstärkt. Mit 0,815 Prozentpunkten markierte der Spread am Freitag den höchsten Stand seit drei Jahrzehnten.

Dies spiegelt sich auch in der aktuellen Wirtschaftsentwicklung wider, denn offiziell ist Deutschland bereits in einer Rezession. Allerdings scheinen die Folgen für Aktien und Co. noch viel zu unterschätzt zu sein.

Krise immer deutlicher: Vorsicht bei Aktien

An den Märkten sehen Anleger nämlich regelmäßig neue All-Time-Highs ob bei hoch bewerteten Einzelaktien wie Nvidia oder Tesla, aber auch bei Indizes wie dem DAX.

Allerdings spielt die Börse auch weiterhin das Szenario einer kurzen und milden Rezession, wonach es nach dem endgültigen Votum der Zentralbanken gegen Zinserhöhungen aber keineswegs aussieht. 

Dementsprechend sollten Anleger in den kommenden Wochen vielleicht etwas vorsichtiger agieren und Gewinne mitnehmen. Immerhin gilt der Markt für Anleihen, der ein vielfaches größer ist als der für Aktien, ohnehin als der rationalere von beiden.

Mit Material von Reuters

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