Wer seit Beginn der laufenden Hausse auf europäische Chemie-Aktien setzte, der lag damit richtig. Denn der Euro STOXX Euro-Chemie-Performanceindex hat sich seit März 2009 deutlich besser geschlagen als der Euro STOXX Performanceindex.



Doch seit Ende 2012 läuft es nicht mehr wie geschmiert. Europäische Chemie-Aktien haben ihre relative Stärke eingebüßt und hinken zuletzt dem Euro STOXX Performanceindex leicht hinterher.



Auch für 2015 sieht es nicht nach einer Rückgewinnung der alten Favoritenstellung aus. Zumindest nicht, wenn es nach den Analysten von J.P. Morgan geht. Sie sagen dem Sektor wie schon für die Jahre 2013 und 2014 eine vergleichsweise schwache Kursentwicklung voraus. Zur Begründung verweisen sie auf bestehende Überkapazitäten, einem schwachen Preisumfeld, eine gedämpfte Nachfrage und anspruchsvolle Bewertungsrelationen. Zudem erinnern sie daran, dass ein schwacher Ölpreis anders als oft unterstellt, in vielen Fällen kein Vorteil für die Branchenvertreter darstellt.

Vor diesem Hintergrund raten die Analysten von J.P. Morgan die Aktien von Arkema, BASF, Lanxess, Solvay, Syngenta und Synthomer unterzugewichten. Doch es gibt nach ihrer Ansicht auch Unternehmen mit Preismacht und einer strukturellen Wachstumsgeschichte. Fünf europäische Chemie-Aktien bei denen dies der Fall ist, haben eine Übergewichten-Empfehlung von J.P. Morgan inne. Auf den nachfolgenden Seiten stellen wir diese fünf Werte näher vor. Vorab sei bereits verraten, dass darunter auch ein DAX-Vertreter ist.



Europäische Chemie-Aktien J.P. Morgan Top-Tipp Nummer eins: Johnson, Matthey Plc. (WKN: A1J0AY, 42,711 Euro, 34,12 britische Pfund)



Der britische Spezialchemie-Hersteller Johnson Matthey hat Grund zur Freude. Das im FTSE 100 Index enthaltene Londoner Unternehmen hat den Titel als meist bewunderte Gesellschaft in Großbritannien verliehen bekommen. Die Verantwortlichen sehen das als Lohn für die von ihnen verfolgte Geschäftspolitik, bei der man sich durch eine Fokussierung auf Forschung und Entwicklung und einer ausgeprägten Unternehmenskultur von anderen Firmen abhebt.

Was die Strategie anbelangt, hat der britische Konzern gerade die Gold- und Silber-Raffinerien an die japanische Asahi Holdings verkauft. Mit diesem Schritt wird unterstrichen, dass sich der weltgrößte Hersteller von Auto-Katalysatoren stärke auf das Chemie-Geschäft konzentrieren will. Für das erste Halbjahr im Geschäftsjahr 2014/15 wurde für den Vorsteuergewinn ein Plus von zwei Prozent auf 216,4 Millionen Pfund gemeldet. Die Analystenerwartungen von 206,7 Millionen Pfund wurden damit klar geschlagen. Zudem wurde für das Gesamtjahr statt einem fast unveränderten Überschuss ein leicht steigender Gewinn in Aussicht gestellt.

Geht es nach J.P. Morgan, dann steigt der Gewinn je Aktie von 2013 bis 2016 von 147,68 Pence auf 192,81 Pence. Das Kursziel wird mit 38,50 Pfund angegeben, was bei Zielerreichung einem Plus von fast 13 Prozent entsprechen würde. Charttechnisch gesehen wäre der Weg dorthin frei, falls es gelingt, das Januarhoch von 34,40 Pfund zu knacken. Nach den jüngsten Kursgewinnen fehlt dazu nicht mehr viel und bei einem Ausbruch nach oben wäre ein prozyklisches charttechnisches Kaufsignal generiert.



Europäische Chemie-Aktien J.P. Morgan Top-Tipp Nummer zwei: Air Liquide S.A. (WKN: 850133, 103,35 Euro)



Charttechniker haben an der Aktie von Air Liquide ihre wahre Freude. Denn der Kurs bewegt sich nicht nur in einem wirklich überzeugenden langfristigen Aufwärtstrend sondern die Notiz hat eben erst ein neues Rekordhoch markiert. Das ist für den im französischen Leitindex CAC 40 enthaltenen Titel gleichbedeutend mit einem charttechnischen Kaufsignal.

Die Marktteilnehmer sind folglich sehr zufrieden mit der geschäftlichen Entwicklung bei dem französischen Industriegase-Konzern. Der Kerngeschäftsbereich Gas & Services steuert 91 Prozent zum Konzernumsatz bei (der restliche Bereich umfasst unter anderem den Anlagenbau) und angeboten werden Industriegase wie Sauerstoff, Stickstoff, Argon oder Wasserstoff bis zu Elektronik- und medizinische Gase.

Im dritten Quartal kletterten die Erlöse um ein Prozent auf 3,80 Milliarden Euro, wobei es bereinigt um Wechselkurseffekte und Asset-Verkäufe sogar ein Plus von 4,3 Prozent war. Während Europa nicht so gut lief, entwickelten sich die Geschäfte in Asien und den USA überproportional gut. Die Jahresprognose, wonach der Gewinn zulegen soll, wurde bestätigt und der zuletzt schwache Euro sollte dabei helfen, dass diese Zielvorgabe auch tatsächlich erreicht wurde. Zumal auch noch Einspar- und Effizienzsteigerungsmaßnahmen mittelfristig eine positive Wirkung zeigen sollten.

Die Analysten von J.P. Morgan halten den Wert auch deshalb für attraktiv, weil neue Projekte dabei helfen dürften, das organische Wachstum im Jahr 2015 um drei bis vier Prozent zu erhöhen. Vorteilhaft sei außerdem die geringe Belastung durch die Russland-Ukraine-Krise, seien davon doch nur weniger als ein Prozent der Assets betroffen. Wegen der zuletzt eher schwächeren weltweiten Daten zur Industrieproduktion wurden jüngst zwar die Gewinnschätzungen leicht um zwei Prozent gesenkt. Für 2015 wird nun mit einem Gewinn je Aktie von 5,32 Euro gerechnet, woraus sich ein KGV von 19,4 ergibt.

Das Kursziel wurde trotz der leicht nach unten korrigierten Gewinne dennoch von 113 Euro auf 118 Euro erhöht, weil jetzt als Basis die abgezinsten Cash Flows für Ende 2015 als Berechnungsbasis verwendet werden. Auch nach den jüngsten Kursgewinnen verbleibt somit theoretisch noch immer ein Kurspotenzial von gut 14 Prozent. Die Börse Online-Redaktion veranschlagt das Kursziel auf 115 Euro und rät ebenfalls weiter zum Kauf.



Europäische Chemie-Aktien J.P. Morgan Top-Tipp Nummer drei: Clariant AG NA (WKN: 895929, 13,976 Euro, 16,81 Schweizer Franken)



Für die Clariant-Aktie war das Jahr 2014 praktisch ein Nullsummenspiel. Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass die Verantwortlichen bei dem Schweizer Spezialchemiekonzern das Umfeld als herausfordernd bezeichnen. Doch gemessen daran schlägt sich die in die vier Sparten Aufheller und Farbstoffe für die Textil-, Leder- und Papierindustrie, Pigmente und Additive, Funktionale Chemikalien sowie Farbstoff- und Additivkonzentrate gegliederte Gesellschaft ziemlich gut.

Im dritten Quartal 2014 konnte der Umsatz aus fortgeführten Aktivitäten in lokalen Währungen jedenfalls um acht Prozent auf 1,51 Milliarden Franken gesteigert werden und in Schweizer Franken um vier Prozent. Der Gewinn vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen und Amortisationen sowie vor Einmaleffekten nahm um vier Prozent (in lokalen Währungen um acht Prozent) auf 211 Millionen Franken zu.

Für das Gesamtjahr 2014 erwartet der Konzern zudem ein etwa mittleres einstelliges Umsatzwachstum in lokaler Währung und eine EBITDA-Marge vor Sondereffekten, die über dem Niveau des Vorjahres liegen sollte. Die EBITDA-Marge von zuletzt 14,0 Prozent soll mittelfristig 16 bis 19 Prozent erreichen. Eine Annäherung an dieses Ziel sollte durch die jüngste Entwicklung beim Ölpreis begünstigt werden. Zumindest bezeichnet der Finanzvorstand einen niedrigeren Ölpreis als einen Vorteil, weil ein erheblicher Teil der benötigten Rohstoffe erdölbasiert ist.

J.P. Morgan sieht bei Clariant überdurchschnittliches Wachstumspotenzial und die Chance auf Ergebnisverbesserungen. Gelingt das, könnte das Unternehmen auch Übernahmeinteresse auf sich ziehen. Alles das könnte dabei helfen, die derzeit noch bestehende Bewertungslücke zu schließen. Auf Basis des von J.P. Morgan für 2015 erwarteten Gewinns je Aktie von 1,39 Franken ergibt sich jedenfalls nur ein relativ moderates KGV von 12,1.

Als Kursziel werden 20,2 Franken genannt, was gleichbedeutend mit einem Aufwärtspotenzial von gut 20 Prozent ist. Die Börse Online-Redaktion rät bei Clariant ebenfalls zum Kauf, wobei das Kursziel 17 Euro beträgt, was in Schweizer Landeswährung gerechnet rund 20,5 Franken entspricht.



Europäische Chemie-Aktien J.P. Morgan Top-Tipp Nummer vier: Elementis Plc. (WKN: 912541, 3,36 Euro, 2,62 britische Pfund)



Kein allgemein bekannter Name ist in Deutschland das Unternehmen Elementis. Dahinter steckt ein britischer Spezialchemie-Konzern, der 2013 einen Jahresumsatz von über 770 Millionen Dollar erwirtschaftet weltweit über 1.300 Mitarbeiter beschäftigte. Die Gesellschaft ist an mehr als 30 Standorten in neun Ländern vertreten und betreibt unter anderen 18 Fertigungsstätten.

Nach Börsenkapitalisierung zählt das Unternehmen somit zu den 350 größten Firmen Großbritanniens und man ist auch im FTSE-250-Index vertreten. Was den Aktienkurs angeht, so bewegt sich dieser aber seit März 2013 per Saldo nur noch seitwärts. Charttechnisch gesehen steckt der Titel somit in einem Seitwärtstrend fest. Doch die Analysten von J.P. Morgan gehen davon aus, dass sich das bald ändern wird. Sie veranschlagen das Kursziel jedenfalls auf hohe 3,40 Pfund. Geht die Rechnung auf, hätte die Notiz noch fast 30 Prozent Luft nach oben.

Begründet wird die Zuversicht mit einem guten Geschäftsverlauf im dritten Quartal. Die Prognose für das Gesamtjahr wurde dabei bestätigt und bei J.P. Morgan geht man davon aus, dass die positive Dynamik auch dank einer breiten Aufstellung und einer starken Ausrichtung auf die USA weiterhin anhalten wird. Speziell im Vergleich mit anderen Vertretern aus dem Chemiesektor sollte sich Elementis gut schlagen.

Hervorgehoben wird auch die gute Fähigkeit Cash Flow zu generieren und die auch damit verbundene starke Bilanz. Letzteres erlaube auch die Ausschüttung einer Sonderdividende. Das KGV bewegt sich für 2015 bei rund 15 und ist nach Einschätzung von J.P. Morgan ausbaufähig.



Europäische Chemie-Aktien J.P. Morgan Top-Tipp Nummer eins: K+S AG NA (WKN: KSAG88, 23,165 Euro)



Der Düngemittel- und Salzkonzern K+S war in den vergangenen Jahren so etwas wie das Sorgenkind im deutschen Leitindex DAX, in dem dieser Titel enthalten ist. Die Hausse der vergangenen Jahre hat der Wert nicht mitgemacht, stattdessen sind die Notierungen gefallen. Verantwortlich dafür war nicht zuletzt der Druck, der auf den Kalipreisen lastet, nachdem der russische Wettbewerber Uralkali das die zuvor die Weltpreise stabilisierende Exportbündnis mit dem weißrussischen Staatskonzern Belaruskali aufgekündigt hatte. Außerdem wurde am Markt vor diesem Hintergrund eine Großinvestition in ein neues K+S-Kaliwerk in Kanada kritisch beurteilt.

Doch gegenüber dem im August 2013 markierte Tief hat sich der Kurs inzwischen wieder etwas erholt und im dritten Quartal 2014 ist es überraschend gelungen, Umsatz und Gewinn zu steigern. Konkret verbesserte sich das operative Ergebnis um 16 Prozent auf 134 Millionen Euro und die Jahresprognose für das operative Ergebnis wurde von bislang 490 bis 570 Millionen Euro auf 580 bis 640 Millionen Euro angehoben.

Die Analysten von J.P. Morgan rechnen mit Zahlen, die für das Gesamtjahr am oberen Ende der Prognosebandbreite ausfallen werde. Außerdem seien die Aussichten auch für 2015 gut, zumal die niedrige Vergleichsbasis beim Kalipreis Verbesserungspotenzial verspreche. Einiges an Rückenwind könnte auch über die Währungsschiene kommen. Schließlich befinde sich die Kostenbasis von K+S in Europa und vom Exportvolumen von 45 Prozent gehe ein Großteil in den Dollarraum. Durch positive Währungseffekte könnte der Gewinn vor Steuern und Zinsen 2015 um 45 Millionen Euro und 2016 um 55 Millionen Euro höher ausfallen.

Für 2015 taxiert J.P. Morgan den Gewinn je Aktie auf 2,21 Euro. Daraus ergibt sich ein moderates KGV von 10,5. Das Kursziel wird auf 34 Euro beziffert, was theoretisch einem Kurspotenzial von fast 47 Prozent entspricht. Die Börse Online-Redaktion hat für den Titel ebenfalls eine Kaufempfehlung, die mit einem Kursziel von 30 Euro versehen ist.