Leifheit-Produkte dürften einem dieser Tage nicht nur im Haushalt, sondern auch auf der Mattscheibe begegnen. Seit vergangener Woche bewirbt der Haushaltswarenhersteller Produkte von der Wäschespinne bis zum Bodenwischer in einer breit angelegten TV-Kampagne. Die Spots flimmern in 16 europäischen Ländern über die Bildschirme. Die Marketing­offensive ist die Antwort des neuen Firmenchefs Henner Rinsche auf stagnierende Umsätze und eine mit vier Prozent mehr als halbierte Marge. "Das ist unser Showtime-Moment. Mit der Marketingkampagne investieren wir erstmals massiv in Verbrauchernachfrage. In unseren Testmärkten Tschechien, Österreich und Holland waren wir damit bereits extrem erfolgreich", erklärt der 49-Jährige.

Mit der Strategie hat Rinsche vor seiner Zeit bei Leifheit beste Erfahrung gemacht. Als Europa-Chef von Sodastream ließ er von 2015 bis 2018 mittels starker Werbung den Absatz des Trinkwassersprudlers sowie die Aktien der Firma steigen. Bis zur Übernahme durch Pepsi vor zwei Jahren hatte sich der Kurs etwa verzehnfacht. Leifheit hingegen gibt für direkte Endkundenwerbung sehr wenig aus. In Deutschland etwa, dem größten Markt des Unternehmens, sind es nur 0,7 Prozent vom Umsatz und damit weniger als eine Million Euro. Für Marketing direkt im Geschäft ist es hingegen deutlich mehr. 2018 lagen die Werbekosten insgesamt bei 14,2 Millionen Euro. Ohne eine konkrete Zahl zu nennen, plant Rinsche die Werbeausgaben daher nicht nur erheblich zu steigern, sondern will auch den Fokus mehr auf Endkunden richten.

Der Chef investiert selbst


Wie überzeugt der Manager von seiner Strategie ist, zeigt, dass er noch vor Dienstantritt Leifheit-Aktien für mehr als vier Millionen Euro kaufte. Zuversicht kommt auch aus Tschechien. Hier ist die Werbequote mit 4,4 Prozent seit Jahren höher, während die Zahl der Artikel mit 986 Produkten gut ein Drittel niedriger ist als in Deutschland. Ergebnis: Der Umsatz je Kunde ist mit 2,49 Euro zehn Cent, der Deckungsbeitrag mit 43 Prozent sechs Prozentpunkte höher als hierzulande. Für die unternehmensweite Werbequote gilt Tschechien daher als eine erste Messlatte. Werbefeldversuche führte Leifheit auch in Holland und Österreich durch. "In unseren Testmärkten zeigten die beworbenen Produkte in fast allen Fällen dreistellige Wachstumsraten", sagt Rinsche.

Ins TV schaffen es nur Bestseller, an denen Leifheit wie auch der Handel besser verdienen. Das soll die Türen bei neuen Einzelhändlern öffnen. Gleichzeitig will Rinsche "jeden Cent umdrehen und aus der Kostenbasis so viel rausquetschen wie möglich". Heißt: Das Produktsortiment soll um ein Drittel schrumpfen, um die dauerhaft steigenden Werbeausgaben teilweise einzusparen. Die darüber hinausreichenden Kosten soll das geplante Umsatzwachstum decken. Zahlreiche Ausgaben bleiben dadurch idealerweise mindestens stabil. Kann der Umsatzanstieg gleichzeitig das steigende Werbebudget überkompensieren, gehen die Ausgaben im Verhältnis zum Umsatz zurück und die Gewinnspanne nach oben. Zudem würde ein steigender Umsatzanteil der rentablen Bestseller die Marge verbessern.

Dank Wachstum, Budgetumschichtung und Einsparungen kann es Leifheit bereits in diesem Jahr gelingen, den operativen Gewinn zu stabilisieren. Dann dürfte die Werbung nicht nur für Rinsche, sondern auch für Aktionäre zum liebsten TV-Programm werden.