Probleme im Bordnetzgeschäft, höhere Kosten, geringere Nachfrage - so begründete der Kabelkonzern Leoni in der vorvergangenen Woche eine Gewinnwarnung. Was dann folgte, beschrieben Händler und Analysten als "Desaster": Die Aktie büßte an einem Tag um zeitweise 38 Prozent ein. Der Medizintechnikkonzern Drägerwerk kam tags darauf nach einer Prognosesenkung mit minus 20 Prozent unter die Räder. Die Modefirma Tom Tailor und der Kabelnetzbetreiber Tele Columbus verloren in ähnlicher Manier jeweils fast ein Viertel ihres Werts. Das sind keine Einzelfälle mehr: Kursausschläge wie diese treten immer häufiger auf.

"Ausgeprägte Fallhöhe"



Auf der Suche nach Erklärungen für die Kurseinbrüche wird meistens eine latente Verunsicherung an den Märkten herangezogen, ausgelöst etwa durch die Schwäche in China und anderen Schwellenländern, eine mögliche Zinswende in den USA oder im Fall der Autozulieferer auch durch die Krise bei Volkswagen. Derart heftige Ausschläge hätten auch oft nicht mehr viel mit objektiven Bewertungen zu tun, glauben andere.

Gewinnenttäuschungen werden gerade bei Nebenwerten derzeit stark bestraft. "Die Fallhöhe ist dort ausgeprägter", erläutert Aktienstratege Ralf Zimmermann vom Bankhaus Lampe. "Viele Nebenwerte haben sich bis 2015 gut gehalten - Leoni etwa war vor der Gewinnwarnung acht Prozent im Plus, während der DAX bis dahin nur eine schwarze Null aufwies."

Zum anderen habe die Liquidität an den Märkten stark ab-genommen. Wollten größere Investoren nach einer Enttäuschung gleichzeitig aus einer Aktie raus, zeige sich das sofort am Kurs. "Da die Schätzungen der Analysten nach wie vor hoch sind, das globale Wachstum aber niedrig, dürften weitere Enttäuschungen programmiert sein."

Umgekehrter Effekt

Von den Schwankungen werden wohl demnach vor allem Banken und andere stark zyklische Branchen wie Auto und Indus-trie am stärksten betroffen sein. Weniger heftig wird es für konjunkturunabhängige Bereiche wie Pharma, Nahrung oder Immobilien. "Und illiquide Nebenwerte erfasst es wohl eher als die liquiden Börsenschwergewichte", so Zimmermann.

Der Katapulteffekt wirkt offenbar auch in die andere Richtung: So legte der Spezialmaschinenbauers Manz am Dienstag um fast zehn Prozent zu, ebenso Südzucker am Mittwoch. Einen Vorgeschmack auf die Zukunft lieferte zu Wochenbeginn möglicherweise die Aktie der kriselnden US-Diät-Firma Weight Watchers, die ihren Kurs mehr als verdoppelte, nachdem Talkshow-Legende Oprah Winfrey ein Zehn-Prozent-Paket erworben hatte.