Die aktuellen Geschäftszahlen des fusionierten Gasekonzerns Linde plc (im Folgenden: Linde) sind stark: So steigerte der Dax-Konzern im vergangenen Geschäftsjahr den Nettogewinn um 21 Prozent auf vier Milliarden US-Dollar. Das operative Ergebnis - bereinigt um Fusions- und Währungseffekte - kletterte um 14 Prozent auf rund 5,3 Milliarden Dollar. Lediglich der Umsatz verharrte mit 28,2 Milliarden Dollar auf dem Niveau des Vorjahres. Linde hatte die Prognosen im vergangenen Jahr dreimal angehoben.

Nach dem deutlichen Gewinnanstieg 2019 möchte der Industriegasekonzern jetzt noch einen Zahn zulegen. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn je Aktie soll 2020 auf 8,00 bis 8,25 Dollar steigen - trotz einer möglichen Abschwächung der Konjunktur, wie der Linde-Chef Steve Angel am Donnerstag in Pullach bei München mitteilte. Im abgelaufenen Jahr lag der Wert je Aktie mit 7,34 Dollar schon über den prognostizierten 7,25 bis 7,30 Dollar.

Weltmarktführer


Zu dem Gewinnplus trugen vor allem Synergien aus der Fusion bei, die nach langem Hin und Her Ende 2018 endlich erfolgte. Aus dem Münchener Linde Konzern und dem Konkurrenten Praxair wurde Linde plc. Mit der Fusion verschmolzen die beiden Unternehmen zum weltgrößten Gasekonzern und verdrängten den französischen Konkurrenten Air Liquide von Platz Eins. Die Fusion war kein Zuckerschlecken für beide Konzerne. Wegen hohen Kartellauflagen mussten sie sich von milliardenschweren Geschäftsteilen trennen. 2019 bis 2022 sollen die Synergien aus der Fusion in Summe 1,1 Milliarden Dollar betragen.

Die neue Linde schüttet - wie in den USA üblich - jedes Quartal eine Dividende an die Aktionäre aus und bilanziert in US-Dollar. Seit Mai läuft ein zweites Aktienrückkaufprogramm, womit der Konzern in den kommenden zwei Jahren Anteilsscheine im Volumen von bis zu sechs Milliarden Dollar erwerben will.

Mittelfristiger "Kahlschlag"


Die Fusion ist nach wie vor Thema. Denn das Dax-Schwergewicht wird vom ehemaligen Praxair-Chef Steve Angel in amerikanischem Stil geführt. Das stößt auf Kritik - vor allem vonseiten der Gewerkschaften. Die IG Metall beispielsweise sieht ihre Befürchtungen zur Fusion bestätigt: Im Vordergrund würde die Senkung der Fixkosten stehen, Aufträge würden weltweit im Konzern verschoben. "Die Kolleginnen und Kollegen in Deutschland stehen unter großem Druck, dass Produkte und Aufträge an den Standorten bleiben", sagte der bayerische IG-Metall-Chef Johann Horn.

Die neue Linde beschäftigt weltweit 80.000 Mitarbeiter, davon rund 7.000 in Deutschland. Alleine in Deutschland wolle der Dax-Konzern bis Ende nächsten Jahres weitere 850 Stellen abbauen, weiß der Gewerkschafter. Bereits in den Vorjahren seien 1.000 Stellen gestrichen worden. "Angesichts des neuen Shareholder-Stils müssen wir befürchten, dass das noch nicht das Ende der Abbaupläne ist. Linde droht mittelfristig ein Kahlschlag", so Horn. Die Gewerkschaften fordern die Rücknahme der Streichungspläne.

Einschätzung der Redaktion


Seit der Fusion von Praxair und Linde gibt es für die Linde plc-Aktie nur noch einen Weg: nach oben. Erst am Dienstag markierte das Papier ein neues Jahreshoch bei 199 Euro. Nach Bekanntgabe der Zahlen gegen Mittag drehte die Aktie ins Plus und kletterte im schwachen Marktumfeld auf eine neue Bestmarke bei 204 Euro. Im vergangenen Jahr legte der Kurs um 38 Prozent zu. Der deutsche Leitindex schaffte im vergleichbaren Zeitraum nur ein Plus von 25 Prozent.

Linde ist ein Dax-Schwergewicht: Mit einer Marktkapitalisierung von fast 105 Milliarden Euro ist im deutschen Leitindex nur der Softwarekonzern SAP mit 151 Milliarden Euro mehr wert. Allianz mit rund 95 Milliarden Euro und Siemens mit 92 Milliarden Euro liegen auf Platz drei und vier.

Die Linde-Aktie klettert von einem Rekordhoch zum nächsten - das Chartbild sieht dementsprechend rosig aus. Auch die im Geschäftsjahr 2019 mehrmals angehobene Prognose spricht für den Dax-Konzern. Wir bleiben deshalb bei unserer Kauf-Empfehlung.

Sollte der Kurs dennoch einmal korrigieren, so dürfte die 200-Tagelinie bei rund 178 Euro eine erste Unterstützung bieten. Darunter liegt 165 bis 178 Euro eine weiter Unterstützungszone.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 230,00 Euro
Stoppkurs: 149,00 Euro

Mit Material von dpa-AFX