Aktionäre von Lithiumproduzenten sind in diesen Tagen nicht gerade zu beneiden. Wer mitten im E-Mobility-­Hype im Jahr 2017 bei den heiß diskutierten Lithiumwerten eingestiegen ist, ärgert sich zurzeit über zweistellige Kursverluste. Den US-Lithiumkrösus Albemarle etwa hat es, ausgehend vom Hoch bei 144 Dollar im Herbst 2017, regelrecht zerlegt. Erst bei Kursen um die 60 Dollar fand die Aktie einen belastbaren Boden.

In den Jahren 2016 und 2017 war Li­thium neben den Krypto­währungen die Börsenstory schlechthin. An­geführt vom Pionierunternehmen ­Tesla, schien der Elektromobilität endlich der Durchbruch gelungen zu sein. Die politische Forderung nach grünen Antrieben auf der einen sowie die Diesel­affäre auf der anderen Seite befeuerten die Geschichte rund um die alternative Antriebstechnologie zusätzlich. Analysten überschlugen sich mit abenteuerlichen Wachstumsprognosen. Und die regelrecht explodierenden Preise für das weiße Gold, wie Lithium damals optimistisch genannt wurde, schienen den Rohstoffjüngern recht zu geben.

Die Finger verbrannt


Vom alten Glanz ist nicht viel übrig geblieben. Der Markt für Lithium hat sich in den zurückliegenden beiden Jahren deutlich abgekühlt. Immer mehr Investoren wurde bewusst, dass bereits zu viel Fantasie in den Aktienkursen enthalten war. Die Notierungen von SQM, Albemarle und den unzähligen neuen Lithiumexplorern auf dem Kurszettel begannen zu bröckeln.

Den Startschuss für den finalen Crash löste jedoch eine vernichtende Analyse von Morgan Stanley aus. In dieser wurde auf die massive Angebotsausweitung der großen Lithiumproduzenten verwiesen, die für ein Überangebot am Markt sorge. Dies werde Morgan Stanley zufolge zu einem Preisverfall für Lithium von 45 Prozent bis ins Jahr 2021 führen.

Die Preise für Lithiumcarbonat und Lithi­umhydroxit, den Schlüsselrohstoffen für Lithium-Ionen-Akkus, gaben in der Folgezeit tatsächlich nach. Ob die Analysten der US-Großbank ein gutes Timing bewiesen, die vernichtende Prognose wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung wirkte oder ob es eine Mischung aus beidem war, ist da nebensächlich. Der steile Abwärtstrend im Preis des Batterierohstoffs scheint sich nun aber zu verlangsamen. Auch die großen Lithiumproduzenten machen nach der langen Abwärts­phase inzwischen zumindest charttechnisch den Eindruck, sich endlich an einer Bodenbildung zu versuchen.

Rückenwind erhält die Branche von der Politik. So verschärft die EU ab diesem Jahr die Abgasnormen für Kraftfahrzeuge noch einmal deutlich. Die CO2-freien Stromer sollen den Konzernen helfen, ihre ambitionierten Klimaziele zu erreichen. Nach langem Zaudern scheinen nun auch die deutschen Autobauer mit einer eigenen E-Automobil-Offensive in die Gänge zu kommen. Autokonzerne wie BMW bemühen sich zudem um die nach wie vor gefragten Schlüsselrohstoffe für ihre Batterien. So haben sich die Münchner durch einen kürzlich vereinbarten Deal mit dem chinesischen Lieferanten Ganfeng Lithium ihren Nachschub im Wert von 540 Millionen Euro bis zum Jahr 2024 bereits ge­sichert.

Weiterhin starke Nachfrage


Auch wenn China, das E-Mobility-­Mekka schlechthin, mit einer massiven Kürzung der Förderung für E-Autos zuletzt kurzfristig für Unruhe gesorgt hat, zeichnet das Riesenreich im Osten weiterhin verantwortlich für stramme Absatzzahlen der Stromer. Infolgedessen ist der Hunger nach dem weißen Gold ungebrochen. Mittel- bis langfristig sollten die Absätze von Elektroautos merklich anziehen. Zudem werden weltweit riesige Summen in den Bau sogenannter Gigafactories investiert, die Batterien in großem Stil produzieren sollen - ein weiteres Argument für langfristig steigende Lithiumnotierungen. Aktionäre von SQM können für jede Art von Unterstützung dankbar sein. Auch die Aktie des chilenischen Lithiumproduzenten wurde von einer heftigen Korrektur heimgesucht. Zumindest ist der steile Abwärtstrend seit vergangenem Sommer in eine stabile, wenn auch volatile Seitwärtsphase übergegangen.

Der Großteil des Lithiums der weltweiten Nummer 2 stammt aus der chilenischen Atacama-Wüste. Die dort vorhandene hohe Lithiumkonzentration sorgt dafür, dass SQM zu den kostengünstigsten Produzenten auf dem Kurszettel gehört. Über einen Vertrag mit der chilenischen Regierung hat sich der Konzern bis ins Jahr 2030 die Abbaurechte gesichert. Darüber hinaus entwickelt das Unternehmen in Australien über ein Joint Venture ein weiteres Projekt, das ab Mitte 2020 zum Unternehmenserfolg beitragen soll. Produktion und Verkauf von Düngemitteln runden das Geschäft ab.

Dass die Aktie nicht nur charttechnisch, sondern auch fundamental für eine Erholung reif ist, zeigt die günstige Bewertung. So lag das durchschnittliche KGV der vergangenen Jahre im Schnitt bei 27,30. Aktuell gibt es den Titel im Vergleich dazu mit einem Abschlag von mehr als 30 Prozent. Auch die geschätzte Dividendenrendite von 4,05 Prozent für das Jahr 2020 lässt aufhorchen, wenngleich es sich bei dem Titel lediglich um ein sogenanntes ADR handelt. Bei diesen verbrieften Hinter­legungsscheinen wird oftmals ein Teil der Dividenden als Gebühr einbe­halten.

Nummer 1 kommt aus den USA


Noch verlockender wirkt die Bewertung von Albemarle. Im langfristigen Durchschnitt wird der Titel mit einem KGV von 37 bewertet. Aktuell liegt die Kennzahl für das Jahr 2020 bei knapp 14,5. Die für 2020 geschätzte Dividendenrendite von 2,2 Prozent fällt zwar nur etwa halb so hoch aus wie bei SQM, in Zeiten von Null- und Minuszinsen ist das jedoch immer noch ein Kaufargument.

Die günstigen Bewertungen kommen nicht von ungefähr. Der Markt traut der Branche aktuell nicht viel zu. Als wichtigstes Argument führen Branchenkritiker die Ankündigung neuer Akku-Technologien ins Feld, die entweder ganz ohne oder zumindest nur mit einem geringen Anteil an Lithium auskommen sollen.

In Sachen Herstellungskosten bleibt der Lithium-­Ionen-Akku bis dato allerdings das Maß aller Dinge. Dass auch Albe­marle weiterhin positiv in die Zukunft blickt, zeigt sich an dem Vorhaben, den Lithium­ausstoß innerhalb der nächsten zwei Jahre zu verdoppeln. Die Amerikaner gewinnen, ebenso wie SQM, ihr Lithium hauptsächlich in Chile und Australien, zu vergleichbar günstigen Abbaukosten. Darüber hinaus verfügt Albemarle mit dem Verkauf von Katalysatoren für Ölraffinerien über ein weiteres Standbein. In diesem Segment ist das Unternehmen zudem Marktführer.

Heiß, heißer - Millennial Lithium


Was bei Albemarle und SQM schon ist, könnte bei Millennial Lithium noch werden. Das in Kanada beheimatete Unternehmen verfügt mit dem Pastos-Grandes-­Projekt in Argentinien über das aktuell wohl spannendste noch nicht entwickelte Lithiumvorkommen der Welt. Das südlich von Pastos Grandes liegende Cauchari-East-Projekt ist ebenfalls in Besitz der Kanadier. Es befindet sich ganz in der Nähe einer bereits produzierenden Anlage von Orocobre, einem australischen Lithiumproduzenten. Dass der Abbau dort lukrativ sein kann, beweist die im Juli 2019 veröffentlichte Machbarkeitsstudie. Über einen Zeitraum von 40 Jahren könnten jährlich 24 000 Tonnen Lithium abgebaut werden, und das zu niedrigen Kosten. Da sich derzeit kaum jemand für die Branche interessiert und Argentinien zudem mit innenpolitischen Problemen zu kämpfen hat, finden sich allerdings keine Investoren, die die knapp 450 Millionen Dollar für die Errichtung der Produktion aufbringen würden.

Gut möglich, dass der Nachbar Orocobre bereits ein Auge auf das verhältnismäßig günstige Projekt geworfen hat. Allerdings ist die Wette heiß. Millennial Lithium verdient noch kein Geld und ist darauf angewiesen, dass endlich wieder Kapital in den Sektor fließt. Auch am Aktienkurs ist das Auf und Ab abzulesen, der Titel ist extrem volatil. Zudem werden hierzulande nicht viele Anteilscheine gehandelt. Allerdings ist die Story spannend, wenngleich auch hochspekulativ. Unbedingt einen Stoppkurs setzen.